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Außenhandel Polnischer Ruck nach rechts verunsichert

Unternehmen blicken mit Sorge auf die neue Regierung in Polen, erwarten aber einen Ausbau der Handelsbeziehungen.

31.05.2016, 23:01

Magdeburg l Deutsche Unternehmen schauen sorgenvoll auf den Kurs der neuen nationalpopulistischen Regierung in Polen. Das sagte Michael Kern von der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer Warschau bei einem deutsch-polnischen Wirtschaftstag am Dienstag in Magdeburg. „Durch politische Stabilität hatte sich Polen in den vergangenen Jahren gegenüber den anderen osteuropäischen Staaten stets hervorgehoben“, erklärte Kern. Doch das sei nun vorbei.

Seit dem Wiedererstarken der nationalpopulistischen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (Pis) stiegen die Staatsausgaben, Investoren zogen sich zurück und die Währung verlor an Wert. Die Wirtschaft sei zudem wegen einer Sondersteuer auf Banken verunsichert, sagte Kern. Geldinstitute, die zu zwei Drittel in ausländischem Besitz sind, müssen eine jährliche Sondersteuer zahlen. Die Vergabe von Krediten ist bereits zurückgegangen. In einer Umfrage der Deutsch-Polnischen Außenhandelskammer in Warschau äußerten 350 deutsche Unternehmen, die in Polen tätig sind, zudem Kritik an der Berechenbarkeit der polnischen Wirtschaftspolitik. „Unternehmen sind verunsichert und wissen nicht, was als Nächstes kommt“, so der 52-jährige Kern.

Polens neue Regierung hat gleichzeitig einen neuen Wirtschaftskurs eingeschlagen, der zu Wachstum führen soll. Das Land will den eigenen Mittelstand stärken und nicht mehr die verlängerte Werkbank für Deutschland und andere Länder sein. Dabei hängt Polen aber am Tropf der Europäischen Union: Bis 2020 fließen insgesamt 77 Milliarden Euro Fördermittel aus EU-Töpfen in strukturschwache Regionen.

„Polen ist für deutsche Unternehmen nach wie vor ein attraktives Investitionsziel“, sagte Grzegorz Zalewski, der die polnische Tochter des Industrie-Verpackers S & W Verpackung leitet. Für das Land sprechen ein niedrigeres Lohnniveau als in Deutschland sowie höhere Förderquoten bei Investitionen.

Für Sachsen-Anhalt ist Polen seit Jahren der wichtigste Handelspartner. Ein- und Ausfuhren hatten im vergangenen Jahr ein Volumen von rund 3,3 Milliarden Euro. Die derzeitige politische Situation in Polen hätte auf die Geschäfte zwischen den beiden Staaten keine Auswirkungen. „Die Grundlage ist eine breite Basis aus zwischenmenschlichen Beziehungen in Wirtschaft und Wissenschaft, die nicht erschüttert werden kann“, prophezeite Grzegorz Zaloga, Präsident der Kammerunion Elbe/Oder. Die Experten gehen von einem weiteren Ausbau des Handels zwischen Sachsen-Anhalt und Polen aus. Polnische Boom-Branchen seien unter anderem der Automotive- und IT-Bereich. „Mit einer wachsenden polnische Wirtschaft werden sich weitere Kooperationen und Absatzchancen ergeben“, sagte Michael Kern.