1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Bau von Corona-Krise noch verschont

Bau Bau von Corona-Krise noch verschont

Das Baugewerbe ist in großer Sorge.

Von Herbert Spies 27.05.2020, 23:01

Magdeburg l Peter Nitschke bezeichnet sich selbst als Optimisten. Der Geschäftsführer der Fliesen Schreiber GmbH in Ballenstedt im Harz ist es gewohnt, mit wechselhaften Geschäftsentwicklungen umzugehen. Angesichts der Corona-Pandemie blickt der 46-Jährige jedoch sehr besorgt in die Zukunft der Branche. „Ich befürchte, dass in acht bis zwölf Wochen vielerorts Auftragslöcher entstehen, die zum Stillstand führen werden. Bauunternehmen können nach den Schwierigkeiten durch die Pandemie, die auch bei der Bauwirtschaft zu Einschränkungen und Problemen sowie Auftragsausfall geführt haben, eine solche Phase nicht überbrücken“, sagt Peter Nitschke, der auch Präsident des Baugewerbe-Verbandes Sachsen-Anhalt ist.

Zum Jahresanfang seien die Auftragsbücher vieler Bauunternehmen im Land noch gut gefüllt gewesen. „Aber das Polster ist nun geschrumpft. Die Vergabe kommunaler Bauaufträge ist wegen Corona erheblich ins Stocken geraten. Gleiches gilt für die privaten Haushalte. Wenn die Arbeitnehmer in Kurzarbeit sind, werden sie jetzt weder ein Haus bauen wollen, noch Sanierungsarbeiten in Auftrag geben“, fasst der Unternehmer zusammen.

Zur öffentlichen Hand, die auch Aufträge an das Baugewerbe vergibt, gehören die Kommunen, die Landkreise und das Bundesland Sachsen-Anhalt. Und niemand aus diesem Kreis teilt die Befürchtungen des Baugewerbe-Landesverbandes. „Bei uns im Haus gibt es keine Informationen, dass es zu einer coronabedingten Investitionszurückhaltung der Kommunen kommt“, sagt Matthias Stoffregen, Pressesprecher von Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD). Das Ministerium habe im Gegenteil einen Impuls gesetzt und die Vergaberegeln öffentlicher Aufträge per Verordnung angepasst und seit dem 18. Mai gelockert. „Ich kann Entwarnung geben. Bei den Investitionen der Landkreise wird nichts gestoppt, das ist für das Jahr 2020 nicht erkennbar“, erklärt Heinz-Lothar Theel, der Geschäftsführer des Landkreistages Sachsen-Anhalt, in Magdeburg. Auch der Städte- und Gemeindebund zeigt sich über die Prognose des Baugewerbe-Verbandes verwundert, dass mit einem Auftragseinbruch zu rechnen sei. „Das kann ich nur als gefühlte Wahrheit bezeichnen“, sagt Landesgeschäftsführer Jürgen Leindecker und fügt hinzu: „Nein, das ist nicht so. Wir versuchen ja gerade, die Abwicklung der Aufträge sicherzustellen. Es ist weiterhin unser Bestreben, die Auftragslage für die Unternehmen stabil zu halten.“

Doch der Landesverband des Baugewerbes bleibt bei seinem düsteren Szenario. „Die Gewerbesteuer bricht wegen der Pandemie überall weg. Und Geld, das nicht da ist, kann auch niemand ausgeben“, sagt Verbands-Geschäftsführer Giso Töpfer. Er zitiert Zahlen des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes in Berlin: „Danach ist beim Bau mit Auftragseinbrüchen von 9,6 Prozent und beim Straßenbau sogar von 12,4 Prozent zu rechnen.“ Auch aus dem Kreis der 400 Mitgliedsunternehmen in Sachsen-Anhalt höre er Klagen. „Die Gefühlslage in der Baubranche ist eine Mischung aus Angst und Schockstarre“, sagt der 53-Jährige. Und der Verbandspräsident Peter Nitschke bleibt bei seiner Prognose: „Wir werden die Folgen der Corona-Krise im Baugewerbe merken.“