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Baumkuchen Das Geschäft mit dem Gebäck

Ob in Salzwedel oder Wernigerode, die Baumkuchen-Produktion in Sachsen-Anhalt läuft in der Weihnachtszeit auf Hochtouren.

Von Anne Toss 10.12.2016, 00:01

Salzwedel/Wernigerode l Seit Oktober herrscht in der Salzwedeler Baumkuchen GmbH Ausnahmezustand. 24 Stunden am Tag, sechs Tage die Woche wird das Premiumprodukt Baumkuchen dort produziert. Die 107 Mitarbeiter werden von 20 zusätzlichen Arbeitskräften unterstützt. Und dennoch, all die Mühe wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch in diesem Jahr nicht ausreichen, um jeden Kundenwunsch erfüllen zu können. „Im vergangenen Jahr haben wir um den 6. Dezember herum aufgehört, Bestellungen anzunehmen, da wir sie nicht termingerecht hätten zustellen können. Ich nehme an, dass es in diesem Jahr ähnlich sein wird“, sagt Geschäftsführerin Rosemarie Lehmann.

Die Nachfrage nach Baumkuchen steigt in der Weihnachtszeit enorm an. „Vor allem in der ehemaligen Bundesrepublik ist Baumkuchen als Weihnachtsgebäck bekannt. Hier bei uns gehört er ja zu jeder Jahreszeit dazu“, sagt Lehmann. Ihre Kunden kommen allerdings nicht nur aus Deutschland, der Salzwedeler Baumkuchen wird bis nach Australien, Thailand und Japan verschickt. „Lediglich in die USA liefern wir nicht. Die Zollbestimmungen würden den Rahmen sprengen.“

Das Weihnachtsgeschäft mit dem Baumkuchen ist anstrengend, aber es lohnt sich. „In diesen Monaten erwirtschaften wir das Dreifache eines durchschnittlichen Monatsumsatzes“, berichtet Lehmann. Sie schätzt, dass über 100.000 Bestellungen eingehen, allein rund 30.000 über den Online-Shop.

Baumkuchen ist ein Salzwedeler Original, im Jahr 1843 wurde er erstmals erwähnt. Seit 2010 wird das Produkt zudem durch das EU-Gütezeichen „geschützte geografische Angabe“ gesichert. Das legt zum Beispiel fest, dass Salzwedeler Baumkuchen nur innerhalb der Ortsgrenzen von Salzwedel und nur durch eine rein traditionelle Fertigung im gemauerten Ofen und über offener Flamme gebacken werden darf.

„Man kann heute als Handwerk nur bestehen, wenn man auch Handwerk zeigt“, ist sich Rosemarie Lehmann sicher. Sie und Rosina Bachert, ebenfalls Geschäftsführerin, hätten konsequent auf Handwerk gesetzt und sich gegen Industrieprodukte entschieden. „Es hat sich bewährt, unsere Kunden wissen und schätzen das.“

Im rund 150 Kilometer entfernten Wernigerode hat sich der 30-jährige Konditormeister Christian Feuerstack der Kunst des Baumkuchen-Backens verschrieben – allen urkundlichen Erwähnungen und Gütesiegeln zum Trotz. Wenn Menschen ihn darauf ansprechen, dass Baumkuchen doch ein typisches Produkt aus Salzwedel ist und dort erfunden wurde, fragt er: „Und wo kaufen Sie Ihre Brötchen? Wahrscheinlich beim Bäcker. Hat der Bäcker denn die Brötchen erfunden?“ Für ihn ist es wichtig, in seinem Café „Harzer Baumkuchen“ ein vernünftiges Produkt und einen guten Service zu bieten – so, dass es den Gästen schmeckt und sie wiederkommen.

„Natürlich profitieren wir an diesem Standort von den Touristen, die in den Harz fahren“, sagt Feuerstack. Und obwohl sich Baumkuchen das ganze Jahr über gut verkaufen lasse, ist er in der Advents- und Weihnachtszeit auch im Harz besonders gefragt. „Von September bis Oktober erwirtschafte ich mehr als die Hälfte vom Jahresumsatz“, sagt Feuerstack. Insgesamt verlassen knapp 35 Tonnen Baumkuchen pro Jahr die Bäckerei.

Mit dem Verkauf im Café und auf dem Weihnachtsmarkt sei der Betrieb, in dem zehn Mitarbeiter arbeiten, stark ausgelastet. Vor zwei Wochen hat Feuerstack einen Online-Shop ins Leben gerufen – mit dem Hintergedanken sich von der zunehmenden Büroarbeit zu entlasten. Das Angebot kommt so gut an, dass er bereits wieder Grenzen setzen musste: „Pro Person können maximal zwei Kuchen bestellt werden, sonst kommen wir zurzeit mit dem Backen nicht hinterher.“