Die Analyse Feind am Himmel

Der deutsche Platzhirsch Lufthansa hat die Strategie des Billigfliegers Ryanair zu lange belächelt.

09.03.2017, 23:01

Magdeburg l Lufthansa-Chef Carsten Spohr wird sich in diesen Tagen vermutlich ab und an die Augen reiben: Ryanair greift die größte deutsche Fluggesellschaft an ihrem Heimatdrehkreuz in Frankfurt an. Ab Ende Oktober erhöht die Billigfluglinie die Zahl der Flugzeuge am Main-Airport auf sieben, die Zahl der Ziele von vier auf 24.

Die Iren buhlen seit einiger Zeit um neue Kundenschichten. Den Markt abgelegener Regionalflughäfen hat Ryanair nahezu ausgereizt. Mit dem Gang nach Frankfurt zielt die Airline auf Geschäftsreisende und darauf, dass sich einige der jährlich rund 60 Millionen Passagiere des Main-Airports künftig für den Billigflieger entscheiden. „Ryanair setzt sich ins gemachte Nest“, sagt Luftfahrtexperte Cord Schellenberg. Für den Angriff auf Lufthansa nimmt Ryanair aber höhere Gebühren und längere Standzeiten in Kauf. Ein Novum für die Iren, die bislang auch deswegen so günstig fliegen konnten, weil die Maschinen nur kurz am Boden blieben.

Die Ankunft der blau-gelben Flieger in Frankfurt ist ein Zeichen dafür, dass der etablierte Luftfahrtkonzern Lufthansa die aggressive Strategie von Ryanair zu lange belächelt hat. Die Iren mischen mit ihren Billig-Angeboten seit Jahren den Markt auf, haben den Wettbewerb am Himmel neu entfacht. Lufthansa hat erst in der jüngeren Vergangenheit auf diese Politik reagiert und versucht nun, mit der eigenen Low-Cost-Airline Eurowings gegenzusteuern.

Vor allem an den großen Flughäfen hat sich der deutsche Platzhirsch sicher gefühlt und das den Kunden spüren lassen. „Direktflüge ab Frankfurt waren teilweise teurer, als ein Flug ab Leipzig/Halle mit Umstieg in Frankfurt“, erklärt Experte Schellenberg. Ryanair will sich Lufthansa perspektivisch aber auch als Zubringer für die Langstrecke aufdrängen. Airline-Chef Michael O‘Leary hat in letzter Zeit kaum eine Chance verpasst das zu betonen. Doch Kranich-Vorstand Spohr erwiderte die irischen Avancen bislang nicht mit Gegenliebe.

Das Vorpreschen von Ryanair steht auch für den grundlegenden Wandel auf dem deutschen Flugmarkt. Lufthansa, Air Berlin und Co. teilten sich das Passagiervolumen jahrelang auf. Billigflieger waren eine Randerscheinung. Das ist vorbei. Nun will sich Ryanair mit Lufthansa anlegen.