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Die Analyse Hysterische Debatte über Diesel-Verbote

Statt symbolische Maßnahmen zu diskutieren, sollte die Politik endlich die infrastrukturellen Probleme anpacken.

19.07.2017, 23:01

Stuttgart l Ein Stück weit hat die Autoindustrie selbst Schuld an der hysterischen Debatte über Diesel- und Verbrennungsmotoren in Deutschland. Auf Schummeleien bei der Abgasreinigung hätte sie nun mal verzichten müssen. Nichtsdestotrotz wird es Zeit, dass sich Bund und Länder dem politischen Feldzug der grünen Lobby entgegenstellen.

Statt über Verbote zu schwadronieren, die sich nicht umsetzen lassen, wird es Zeit, die nötigen Weichen zu stellen, damit alternative Antriebe überhaupt eine echte Chance haben. Sollten einmal Millionen Elektroautos über die Straßen rollen, müsste weit mehr Strom erzeugt werden – und zwar möglichst mit erneuerbaren Energien.

Heute gibt es aber weder die Kapazitäten bei den Stromanbietern noch flächendeckend Ladesäulen entlang der Straßen und Autobahnen. Infrastrukturell ist Deutschland nicht einmal ansatzweise auf eine breite Nutzung der Elektromobilität vorbereitet. Doch darüber spricht niemand, auch nicht im Wahlkampf.

Aufregender und leichter vermittelbar sind eben Verbote. Für Dieselautos am besten gleich noch heute und für alle Verbrennungsmotoren bis spätestens 2030, wenn es nach den Grünen geht. Ein zentrales Argument hierbei: Ohne harte Maßnahmen würden die deutschen Autohersteller nicht schnell genug auf alternative Antriebe umstellen.

Doch die Behauptung ist haltlos, wie eine neue Studie des ifo-Instituts zeigt, die in dieser Woche erschienen ist. Bei Patenten für Neuentwicklungen im Bereich Elektroautos ist Deutschland in den vergangenen fünf Jahren mit einem Marktanteil von 34 Prozent weltweiter Spitzenreiter gewesen. Die USA kommen – trotz des Hypes um Tesla und Elon Musk – gerade mal auf einen Anteil von 18 Prozent und liegen damit sogar noch hinter Japan mit 23 Prozent.

Deutschen Firmen vorzuwerfen, sie würden nichts tun, entbehrt damit jeder Grundlage. Naheliegender ist da die Annahme, dass Elektroautos für Normalverbraucher bislang schlicht unattraktiv waren.

Aufgabe seriöser Politiker wäre es nun, mit Investitionen in Infrastruktur zur Steigerung der Attraktivität von Elektroautos beizutragen. Und nicht mit Verboten, die Tausende Jobs gefährden würden. Die Symbolpolitik könnte laut Berechnungen des ifo-Instituts 426.000 Stellen in der Autoindustrie und weitere 130.000 Jobs bei Zulieferern akut gefährden.

Infografik: Anteil der Diesel-Autos sinkt | Statista Mehr Statistiken finden Sie bei Statista