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Die Analyse US-Anwälte wollen am VW-Skandal verdienen

Kanzleien locken über Dienstleister wie MyRight Autokäufer mit möglichen Entschädigungen, um selbst Milliarden zu scheffeln.

04.01.2017, 23:01

Braunschweig l In den USA muss Volkswagen wegen der Abgas-Schummeleien Milliarden zahlen, die Verbraucher dort erhalten Entschädigungen. Seither mehren sich Stimmen, dass auch die europäischen Kunden entschädigt werden müssten.

Kritiker verkennen jedoch, dass das Schadenersatzsystem in Amerika ein anderes ist als hierzulande. Dort dienen die irrwitzig hohen Summen als Mahnung, ordentliche Güter herzustellen, weil es anders als in Deutschland keine Institutionen gibt, die vorher Produkte prüfen und zulassen.

Hinzu kommt, dass sich eine Klageindustrie in den USA gebildet hat, denn je mehr geprellte Kunden die Anwälte vertreten, desto mehr Provision können sie selbst einstecken. Experten zufolge verdienen sie inzwischen weit mehr an den Klagen als die Kläger, die sie vertreten.

US-Anwalt Michael Hausfeld gehört nun zu jenen, die mit europäischen VW-Kunden Kasse machen wollen. Seine Finanzdienstleistungsfirma MyRight wirbt auf ihrer Internetseite mit dem Spruch „Abgasskandal: Ihr Recht ist bares Geld wert“. Bares Geld vor allem für Hausfeld selbst.

35 Prozent Provision will MyRight im Erfolgsfall einstreichen. Während der einzelne VW-Kunde laut MyRight „bis zu 5000 Euro“ erhalten würde, könnte Hausfeld laut Experten einen zweistelligen Milliardenbetrag einstreichen, wenn sich die meisten der europaweit acht Millionen Kunden von ihm vertreten lassen würden.

So manchem Kläger mag das Gewinnstreben egal sein – schließlich bekommt er überhaupt Geld. Doch lebt er nicht im luftleeren Raum. Experten zufolge könnte VW zugrundegehen, wenn alle Autos zurückgekauft oder erhebliche Entschädigungen gezahlt werden müssten. Nicht nur Hunderttausende Jobs direkt beim Autobauer stünden dann auf dem Spiel. Auch viele Zulieferer stünden vor einer ungewissen Zukunft und es käme zu enormen Steuerausfällen für Bund, Länder und Kommunen. Kurzum: Die Gier Einzelner würde das Gemeinwohl aller gefährden.

Damit europäische Kunden künftig bessergestellt werden, bedarf es keiner US-Staranwälte, sondern der Einführung eines Musterklageverfahrens. Dies gibt es bereits im Kapitalmarktbereich. Die Ergebnisse eines Falls vor Gericht werden dabei auf alle anderen Fälle übertragen, Prozessrisiko und -kosten würden für die Verbraucher sinken. Die Bundesregierung ist gefragt, hier sinnvolle Regelungen zu schaffen, die das Gemeinwohl nicht gefährden.