1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Weltoffenheit ist ein Wirtschaftsfaktor

Die Analyse Weltoffenheit ist ein Wirtschaftsfaktor

In Zeiten der Globalisierung kann sich Sachsen-Anhalt Fremdenfeindlichkeit nicht leisten.

19.02.2016, 11:02

Ob als Ärzte in Krankenhäusern, Pflegekräfte in Altenheimen, IT-Angestellte und Maschinenbauer in den mittelständischen Betrieben – vielerorts in Sachsen-Anhalt arbeiten Menschen mit Migrationshintergrund, manche mit deutschem Pass, manche ohne. Auch wenn der Ausländeranteil noch immer unter drei Prozent liegt, wüssten viele Chefs schon heute nicht mehr, was sie machen sollen, wenn diese Menschen nicht da wären.

Weltoffenheit ist nicht mehr nur eine politische Grundeinstellung, die man haben kann oder auch nicht. Sie ist in Zeiten des Bevölkerungsrückgangs, des zunehmenden Fachkräftemangels und der fortschreitenden Globalisierung ein Wirtschaftsfaktor. Die Bundesagentur für Arbeit rechnet damit, dass in Sachsen-Anhalt bis 2020 rund 80 000 Fachkräfte fehlen. Unternehmen, die ihre Lücken schließen wollen, werden es schwer haben, Leute aus anderen Ländern zu bekommen, wenn sich ein Klima von Angst und Hass mehr und mehr im Land ausbreiten würde.

Fremdenfeindlichkeit hält aber nicht nur Fachkräfte fern, sie schreckt auch ausländische Investoren ab. In den vergangenen Jahren war Sachsen-Anhalt für Unternehmer aus anderen Ländern attraktiv, allein 2014 gründeten oder erweiterten sie 18 Standorte und schufen mehr als 900 neue Arbeitsplätze. Im Ländervergleich lag Sachsen-Anhalt in dieser Disziplin vor allen ostdeutschen Flächenländern. Fraglich ist jedoch, ob sich diese Entwicklung fortsetzt, wenn die Willkommenskultur vernachlässigt wird, sich eine Mentalität der Abschottung durchsetzt.

Die TU Dresden etwa hat bereits darüber geklagt, dass mittlerweile deutlich schwerer ist, ausländische Wissenschaftler für Forschungstätigkeiten zu werben. Auch die Übernachtungszahlen von Touristen sind seit den Pegida-Märschen um 2,3 Prozent zurückgegangen, nach Angaben des örtlichen Tourismusverbands bedroht das fremdenfeindliche Milieu mehr als 20 000 Jobs in der Stadt. In Sachsen-Anhalt stieg die Zahl der Übernachtungen von Touristen zuletzt auf den Rekordwert von 7,61 Millionen, das prozentuale Plus betrug 2,4 Prozent. Die erfreuliche Entwicklung könnte ein jähes Ende finden, wenn Populisten, Rassisten und Schwarz-Seher immer stärker das gesellschaftliche Klima prägen. Das sollten auch jene bedenken, die bei der Landtagswahl den etablierten Parteien einen „Denkzettel“ verpassen wollen.