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Dieselautos VW ruft vier Millionen Fahrzeuge zurück

VW will das Steuer herumreißen und bietet an, nun insgesamt vier Millionen Autos nachzurüsten. Für 22.000 Porsche gilt eine Rückruf-Pflicht.

27.07.2017, 23:01

Wolfsburg (dpa) l Volkswagen will im Kampf gegen drohende Fahrverbote mehr Diesel-Autos per Software-Update umrüsten als vorgesehen. Der Konzern werde anbieten, insgesamt vier Millionen Fahrzeuge nachzubessern und damit deren Emissionen deutlich zu senken, sagte Vorstandschef Matthias Müller am Donnerstag nach einem Gespräch mit Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Dennoch hält die Ministerin kurz vor dem Diesel-Gipfel am kommenden Mittwoch Fahrverbote in einigen Städten wegen zu hoher Stickoxid-Werte weiter für möglich.

Volkswagen muss wegen des Skandals um manipulierte Dieselmotoren ohnehin über 2,5 Millionen Autos umrüsten – diese sind in den vier Millionen Fahrzeugen enthalten. Bislang ist bei knapp 1,9 Millionen Autos das Update aufgespielt. Die Tochter Audi will angesichts der Diskussion um Diesel-Fahrverbote europaweit bis zu 850.000 Fahrzeuge nachrüsten lassen, in Deutschland sind es rund eine halbe Million Autos, die ebenfalls zu den genannten vier Millionen zählen.

Dazu kommen weitere etwa 900.000 Autos, die sich aus VW-Transportern T5 und T6 überwiegend mit Euro-5-Abgasnorm sowie mehreren Modellen etwa von Seat oder Skoda zusammensetzen. Daimler will drei Millionen Autos nachrüsten.

Hendricks äußerte sich ungewöhnlich scharf zur Autobranche sowie zur Beziehung zwischen Politik und Herstellern: „Es ist wohl so, dass der Staat es in der Vergangenheit zu häufig an Distanz zur Automobilindustrie hat mangeln lassen.“ Die jüngsten Vorwürfe über Kartellabsprachen von Konzernen hätten weiteres Vertrauen zerstört.

Am Vorabend hatte der VW-Vorstand den Aufsichtsrat über den Stand in Sachen Kartellvorwürfe informiert – VW ist sich aber keiner illegalen Absprachen bewusst. Die Kartellvorwürfe sorgen nun auch in den USA für Zündstoff. Drei Kunden beschuldigten Volkswagen, Daimler und BMW, mit illegalen Absprachen zu Preisen und Abgastechnik gegen US-Wettbewerbsrecht verstoßen zu haben. Die entsprechende Klage, hinter der die Kanzlei Robins Kaplan steht, wurde am Dienstag bei einem Gericht im Bundesstaat New Jersey eingereicht. Die US-Anwälte berufen sich im Wesentlichen auf Informationen aus deutschen Presseberichten.

Müller betonte, VW wolle einen Beitrag zum Erfolg des „Diesel-Gipfels“ am 2. August leisten. Zur Wahrheit gehöre, „dass wir auch in Zukunft saubere und effiziente Verbrennungsmotoren brauchen in einer Übergangsphase hin zur Elektromobilität.“ Zugleich warnte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vor einer unseriösen Debatte über ein Ende von Fahrzeugantrieben mit Diesel und Benzin. Er halte es „nicht für sehr zielführend, heute davon zu sprechen, dass man den Verbrennungsmotor beerdigen könnte“.

Trotz aller Widrigkeiten rund um Abgasskandal und Kartellverdacht verdoppelte VW den Gewinn im ersten Halbjahr fast. Unter dem Strich verdiente der Konzern knapp 6,6 Milliarden Euro – nach rund 3,6 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum.

Auch die VW-Tochter Porsche hat nach Angaben von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eine illegale Abgas-Software in einem Diesel-Fahrzeug eingesetzt. Für europaweit 22.000 Fahrzeuge vom Typ Cayenne 3 Liter TDI werde ein Pflicht-Rückruf angeordnet, sagte Dobrindt am Donnerstag in Berlin. Außerdem werde ein Zulassungsverbot für diese Geländewagen erlassen, so dass keine weiteren Exemplare auf die Straße kommen, bis eine andere Software zur Verfügung stehe.

Es sei eine Technik festgestellt worden, die erkenne, dass ein Fahrzeug auf einem Abgas-Prüfstand stehe, erläuterte Dobrindt. In Tests springe dann eine „Aufwärmstrategie“ an, die im realen Verkehr nicht aktiviert werde. Porsche verwendet für die Diesel-Variante des Cayenne Motoren der anderen VW-Tochter Audi. Dort hatten Tests ebenfalls eine unzulässige Abgas-Einrichtung bei einigen Modellen ans Licht gebracht.

Porsche war im Zuge der Abgas-Affäre ins Visier der Stuttgarter Staatsanwaltschaft geraten. Die Behörde nahm vor rund zweieinhalb Wochen Ermittlungen wegen einer möglichen Manipulation der Abgasnachbehandlung auf.