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Einzelhandel Sonntags-Einkauf gegen Online-Konkurrenz

Retten mehr verkaufsoffene Sonntage die Händler in den Innenstädten und Einkaufszentren? Sachsen-Anhalts Einzelhändler sehen dies nicht so.

05.06.2017, 09:54

Magdeburg (dpa) l Sollten die Läden häufiger zum Sonntags-Shopping einladen? Können die Händler der dauerverkaufsbereiten Online-Konkurrenz besser die Stirn bieten, wenn sie jeden Sonntag öffnen können, wie sie wollen? In Sachsen-Anhalt werden diese Fragen eher kritisch gesehen. Nicht nur die Gewerkschaft Verdi ist strikt dagegen, die aktuell im Land maximal erlaubten vier offenen Sonntage im Jahr aufzustocken. Auch Vertreter der Innenstadt-Einzelhändler und Kommunen halten die Vorstöße für wenig sinnvoll.

Der Ladenschluss ist Ländersache. Der Spitzenverband des Einzelhandels hatte zuletzt dafür geworben, bundesweit die großzügige Regelung Berlins zu übernehmen, die bis zu zehn offene zusätzliche Shopping-Tage pro Jahr gestattet. Vor einer Woche gründeten große Warenhäuser und Einkaufszentren das Bündnis "Selbstbestimmter Sonntag", das durchsetzen will, dass jeder Einzelhändler selbst entscheiden darf, ob und wie lange er sonntags öffnet. Das Argument: Der Sonntag sei einer der wichtigsten Einkaufstage im Online-Handel. Die Wettbewerbsverzerrung auf Kosten stationärer Händler müsse beendet werden.

"Mit dem Versprechen "Mehr Umsatz" wurden bereits in der Vergangenheit Öffnungszeiten gelockert", sagte der Sprecher der Interessengemeinschaft Innenstadt in Magdeburg, Arno Frommhagen. Der Verein vertritt mehr als 400 Unternehmen. "Doch es gab nicht mehr Umsatz, sondern einen stärkeren Verdrängungswettbewerb", monierte er. Profitiert hätten vor allem Einkaufsparks auf der grünen Wiese.

Dass mehr Sonntagsöffnungen im Konkurrenzkampf mit dem Online-Handel helfen könnten, halte er für eine Schein-Debatte. "Wer im Internet einkaufen will, kauft da auch." Innenstädte müssten wieder mehr Wohlfühlatmosphäre bieten, inhabergeführte Fachläden ihr Sortiment breiter aufstellen und mit besonderem oder auch ungewöhnlichem Service punkten. In Magdeburg erarbeiteten die Händler mit der Stadtverwaltung derzeit ein Konzept für eine lebendigere Innenstadt.

Auch das SPD-geführte Wirtschaftsministerium sieht derzeit keinen Grund, die bestehenden Regelungen zu lockern, wie ein Sprecher sagte. Einer Gesprächsrunde zwischen Handel, Kommunen und Landesregierung, wie sie vom Handelsverband vorgeschlagen worden war, werde man sich bei Bedarf aber auch nicht verschließen.

Der Städte- und Gemeindebund in Sachsen-Anhalt sprach sich zwar dafür aus, die Vorgaben zwischen den Bundesländern zu vereinheitlichen. "Damit umgeht man den Räubereffekt, dass Menschen zum Sonntags-Shopping in die Bundesländer mit mehr Öffnungstagen fahren", sagte Geschäftsführer Jürgen Leindecker. Daher sei aber auch eine Einigung auf die derzeit strengste Regelung von vier verkaufsoffenen Sonntagen denkbar.

Aus Sicht der Gewerkschaft könnten die Regelungen auch wieder verschärft werden. "Ich lehne den Vorstoß völlig ab und plädiere eher dafür, die Sonntagsruhe zu stärken", sagte der Handels-Experte der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Jörg Lauenroth-Mago. Der Sonntag sei ein wichtiger Ruhetag, der den Beschäftigten Zeit für Freizeit und eine gemeinsame Auszeit mit der Familie erlaube. Wünschenswert seien daher deutlich weniger als vier verkaufsoffene Sonntage.

"Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil 2015 den Schutz des Sonntags als hohes Gut sehr deutlich gemacht." Ausnahmen dürften nicht nur auf den Händlerinteressen an einem Umsatzplus fußen, sondern müssten an besondere Veranstaltungen geknüpft sein. Weil das Urteil so klar sei, gehe Verdi regelmäßig erfolgreich gegen geplante Sonntagsöffnungen vor. So ließ die Gewerkschaft erst Ende April in Halle das geplante Sonntags-Shopping "Tanz in den Mai" im Neustadt-Center gerichtlich stoppen. Gleiches erwirkten sie im Januar bei einer ähnlichen Aktion beim Einkaufspark in Günthersdorf.