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Energiewende Das Stromnetz der Zukunft

In Magdeburg forschen Wissenschaftler an sicherer Energieversorgung, denn auch die Verteilung des Stroms muss sich ändern.

04.10.2015, 23:01

Magdeburg l Die erneuerbaren Energien sollen in Zukunft Strom aus Kern- und Kohlekraftwerken ersetzen. Doch wenn die Energiewende gelingen soll, muss sich neben der Erzeugung auch die Verteilung des Stroms ändern. In Magdeburg forschen Wissenschaftler seit Jahren am Netz der Zukunft.

In der alten Welt war die Stromerzeugung vorhersehbar: Kern- und Kohlekraftwerke produzierten zuverlässig dort Strom, wo er verbraucht wurde. Nach der Energiewende speisen viele dezentrale Erzeuger Strom in das Netz ein. Zudem sollen Leitungen den Windstrom aus dem Norden in den Süden transportieren. Dort sitzt die energieintensive Industrie, zum Beispiel Automobilhersteller. Die Einspeisung von Wind- und Sonnenenergie sowie der Transport über weite Strecken stellen das Stromnetz vor Herausforderungen.

In Sachsen-Anhalt untersuchen Wissenschaftler deswegen seit Jahren, wie die Versorgung auch nach der Energiewende sicher und stabil bleiben kann (siehe Infokasten). „In Magdeburg hat sich ein Schwerpunkt zu den Themen intelligente Stromnetze und Netzsteuerung entwickelt und erweitert“, erklärt Przemyslaw Komarnicki, vom Fraunhofer-Institut in Magdeburg. Anfang Oktober hat ein neues Projekt begonnen. Forscher der Universität Magdeburg, des Fraunhofer-Instituts und der TU Ilmenau (Thüringen) simulieren in Zusammenarbeit mit Siemens das Stromnetz der Zukunft.

In den nächsten drei Jahren will die Gruppe „Dynamische Netzleitwarte“ Steuerungs- und Regelungstechnologien entwickeln, die das Versorgungsnetz fit machen für die Anforderungen der Energiewende. „Das Stromnetz der Zukunft wird sehr viel flexibler reagieren müssen als das heutige“, erklärt Andreas Lindemann, Dekan der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik der Universität Magdeburg.

Künftig werden Stromerzeuger, Stromspeicher, Verteilungsnetze und Verbraucher miteinander vernetzt sein und innerhalb des Stromnetzes gesteuert und überwacht. Das intelligente Netz (englisch: Smart Grid) kann so innerhalb von Hundertstelsekunden Störungen durch Blitzschläge, Vögel oder Kurzschlüsse identifizieren und darauf reagieren.

Mit fünf Millionen Euro fördert das Bundeswirtschaftsministerium das länderübergreifende Vorhaben. Während in Magdeburg ein Hochspannungsnetz simuliert wird, entsteht in Ilmenau eine dynamische Leitwarte, die das Stromnetz aus der Ferne überwacht und steuert. Industriepartner Siemens verspricht sich von der Kooperation Vorsprung bei der Entwicklung neuer Technik. „Wir wollen nicht am Labortisch forschen, sondern an realen Systemen, um alle Probleme, die auftreten können, zu untersuchen“, sagt Rainer Krebs, der für den Konzern das Vorhaben leitet.

„Der Schwerpunkt der Energiewende liegt auf nachhaltigen Energiesystemen, die stabil und sicher arbeiten müssen“, sagt Tamara Zieschang (CDU), Staatssekretärin aus dem Wirtschaftsministerium. Das Land darf sich möglicherweise über weitere Forschungsgelder freuen. Ende Oktober wird das Bundeswirtschaftsministerium entscheiden, welche Modellregionen die Fördermittel aus dem „Schaufenster intelligente Energie“ erhalten.

Sachsen-Anhalt hatte zusammen mit den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen eine Allianz geschmiedet. Als Region „Wind in Nordostdeutschland“ (kurz: WindNODE) wollen die Partner herausfinden, wie sich die erneuerbaren Energien besser in das Stromnetz integrieren lassen. Das Projekt mit Beteiligung Sachsen-Anhalts habe gute Chancen, heißt es.