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Fachkräftemangel Sachsen-Anhalts Wirtschaft braucht Zuwanderer

Bis 2020 fehlen Sachsen-Anhalt Zehntausende Fachkräfte. Der demografische Wandel hinterlässt Spuren.

31.10.2017, 13:36

Halle (dpa) l Sachsen-Anhalt droht nach Ansicht von Experten ein dramatischer Mangel an Arbeitskräften mit schwerwiegenden Folgen für das Wirtschaftswachstum. Ohne Zuwanderung werde dem Land die konjunkturelle Basis wegbrechen, sagte der Chef der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit, Kay Senius, der Deutschen Presse-Agentur. Bevölkerungs- und Arbeitsmarktexperten warnen vor dem Hintergrund von Studien schon seit einiger Zeit vor den Folgen des demografischen Wandels. Gesellschaft und Unternehmen müssten umdenken, mahnte Senius. "Angesichts des demografischen Wandels heißt es nicht mehr, kann ich mir die Mitarbeiter unter Bewerbern aussuchen, sondern habe ich Mitarbeiter oder habe ich keine Mitarbeiter mehr", sagte er. Diese Entwicklung gebe es auch in anderen Regionen der Europäischen Union.

"Umso mehr brauchen wir Arbeitskräfte aus Drittländern", sagte Senius. So gebe es mit Ländern in Osteuropa traditionelle Wirtschaftsbeziehungen zu Ostdeutschland, auch mit Vietnam. Diese gelt es für Berufe im gewerblich-technischen Bereich, in der Pflege oder der Medizin viel stärker als bisher zu nutzen. Nach Angaben der Behörde hat Sachsen-Anhalt allein altersbedingt durch den demografischen Wandel bis 2020 einen Bedarf von rund 80.000 Fachkräften.

Die Arbeitsagenturen registrierten laut aktuellen Daten 2016 insgesamt 854 sozialversicherungspflichtig beschäftigte ausländische Mediziner im Bundesland. Davon kamen 119 aus Rumänien, 64 aus Bulgarien und 46 aus der Slowakei. Zum Vergleich: 2013 waren in Sachsen-Anhalt 650 sozialversicherungspflichtig beschäftigte ausländische Mediziner gezählt worden.

Angesichts der Diskussion um den Zuzug von Flüchtlingen mahnte Senius zugleich zu mehr Geduld. "Das größte Vermittlungshemmnis in Arbeit ist nach wie vor die Sprache, in Wort und Schrift", sagte er. Ein Integrationskurs reiche im Allgemeinen nicht aus, um Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Dafür sei es nötig, die Arbeitsabläufe und -organisation in Unternehmen etwa über Praktika zu trainieren.

In Sachsen-Anhalt waren im September den Angaben zufolge knapp 5000 Menschen aus sogenannten Hauptasylzugangsländern arbeitslos gemeldet. Dazu zählten die Länder Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien.

Senius appellierte an Flüchtlinge, sich mehr für eine fundierte, längere Ausbildung und einen Berufsabschluss zu öffnen. Viele der beschäftigten Flüchtlinge übten Helfertätigkeiten aus – etwa in der Leiharbeit, Gastronomie, im Dienstleistungsgewerbe oder auf dem Bau. Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) haben aber 37 Prozent der Flüchtlinge einen Hochschul- oder Gymnasialabschluss und 31 Prozent einen Mittleren- oder einen Fachschulabschluss.