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Handel Polen schränkt Sonntagsöffnung ein

In Deutschland wird über mehr Freiheiten für den Handel bei der Sonntagsöffnung diskutiert, Polen schränkt sie ein.

Von Natalie Skrzypczak 17.12.2017, 23:01

Warschau/Slubice (dpa) l Polnische Familien bummeln am Sonntag durch eine Warschauer Mall. Ein Vater kauft mit seinen zwei Kindern Kleidung ein. Nur sonntags habe er dafür die Zeit, sagt er. „Am Abend unter der Woche, wenn die beiden müde sind, ist das eine Qual.“ Doch das bei den Polen beliebte Sonntags-Shoppen, von dem auch deutsche Grenzbewohner profitieren, hat bald ein Ende: Während in Deutschland Forderungen nach einer Lockerung der Sonntagsöffnungen lauter werden, schränkt Polen den Handel wieder ein.

Nach letzten Plänen, die noch der Senat diskutiert, sind ab März 2018 nur zwei verkaufsoffene Sonntage pro Monat erlaubt. Ab 2020 bleiben die Läden ganz geschlossen. Einige Ausnahmen soll es an Bahnhöfen oder in kleineren Geschäften geben, in denen die Inhaber selbst die Kunden bedienen. Die Regelung hat die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) im Wahlkampf der Gewerkschaft „Solidarnosc“ versprochen, aus deren Feder das umstrittene Gesetz stammt. Sie meint: Angestellte würden durch sonntägliche Arbeit ausgebeutet, sie sollten mehr Zeit für ihre Familien haben.

Der Warschauer Familienvater sieht das nicht ein: „Solange es Leute gibt, die am Sonntag arbeiten und einkaufen wollen, sollten die Geschäfte offen bleiben.“ Eine Verkäuferin gibt zu bedenken: Vor allem Studenten, die am Wochenende dazuverdienen, könnte das Verbot treffen. Sie selbst ist aber eine Befürworterin: Dadurch hätte sie viel mehr Zeit für ihre Töchter.

Die derzeitige Lösung stellt „Solidarnosc“, die ein Verkaufsverbot an allen Sonntagen fordert, nicht zufrieden. „Das ist ein Riss in der Zusammenarbeit mit der PiS“, beschwert sich Chef Piotr Duda. Die Nationalkonservativen sind in der Zwickmühle: Sie wollen ihre überwiegend im Südosten Polens beheimatete Stammwählerschaft, die Werte wie Familie und Religion hochhält, nicht enttäuschen.

Fällt der Handel an einem Tag pro Woche weg, drohen Umsatzeinbußen in Milliardenhöhe, wie die polnische Vereinigung von Einkaufszentren warnt. Zudem seien mindestens 36 000 Jobs in Gefahr. Massive Stellenstreichungen könnten Wähler erzürnen. Ex-Ministerpräsidentin Beata Szydlo räumt ein: Analysen aus Wirtschaftskreisen hätten den Mittelweg mit zwei verkaufsoffenen Sonntagen im Monat nahegelegt. Die gläubige Regierungschefin machte sich dennoch für ein Komplettverbot stark. Inzwischen wurde sie vom Ökonom Mateusz Morawiecki im Amt abgelöst. Er will Polens Wirtschaft ankurbeln, den Gesetzesarbeiten könnte das eine neue Wendung geben.

Denn das Regierungslager ist in puncto Sonntagsöffnung gespalten: Das Außenministerium warnt wegen möglicher Verstöße gegen EU-Recht. Kritische Stimmen meinen, mit dem Gesetz versuche die PiS, die Branche zu polonisieren. Vor allem große Ketten würden getroffen, sie seien meist in ausländischer Hand.