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Handel Wird Desinfektionsmittel verdünnt?

Laut Gewerkschaft Verdi gefährden Einzelhändler flächendeckend die Gesundheit der Mitarbeiter.

Von Herbert Spies 12.06.2020, 23:01

Magdeburg l Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi berichtet von gravierenden Missständen bei der Umsetzung der Corona-Schutzmassnahmen im Einzelhandel. „Eine große Zahl von Beschäftigten beklagt sich bei uns darüber, dass ihre Arbeitgeber die Hygieneregeln unterlaufen und so den Gesundheitsschutz der Mitarbeiter vernachlässigen. Das kommt auch in Sachsen-Anhalt flächendeckend vor“, sagt Jörg Lauenroth-Mago, Verdi-Lan­des­fach­be­reichs­lei­ter für den Handel. Die Gewerkschaft kritisiert vor allem die Handelsketten Netto und Kaufland sowie die von selbstständigen Kaufleuten geführten Märkte von Edeka und Rewe.

Während die Firmen im März noch peinlich genau darauf geachtet hätten, dass alle Einkaufswagen vor den Geschäften desinfiziert und die Zahl der zur selben Zeit Einkaufenden in den Geschäften begrenzt worden sei, geschehe das laut Verdi inzwischen auch in Sachsen-Anhalt fast gar nicht mehr. Es gebe häufig zu wenig Masken und zu wenig Pausen. Deshalb hätten die Mitarbeiter oft Kopfschmerzen, heißt es. „Wir hören außerdem von Beschäftigten, dass sie in Einzelfällen von ihren Arbeitgebern angewiesen werden, aus Kostengründen das Desinfektionsmittel zu verdünnen. Das finden wir erschreckend“, sagt Jörg Lauenroth-Mago.

Die Volksstimme konfrontierte alle genannten Handelsunternehmen mit den Vorwürfen und bat sie um Stellungnahme. „Die Gesundheit und der Schutz unserer Kollegen sowie unserer Kunden haben bei uns höchste Priorität“, teilt Christina Stylianou, Leiterin Unternehmenskommunikation von Netto Marken-Discount, mit. Wortgleich antworten Rewe, Kaufland und Edeka. „Die Vorwürfe der Gewerkschaft Verdi weisen wir entschieden zurück“, formuliert auch Bettina Stolt, Abteilungsleitung Unternehmenskommunikation der Edeka Minden-Hannover.

Verdi bleibt bei den Vorwürfen. Bei einer Telefonkonferenz am Dienstag mit Tarifkommissionsmitgliedern habe sich abermals erwiesen, dass das Thema bei den Beschäftigten für Verunsicherung und Verdruss sorge.

„Ganz gleich, wo wir nachfragen, das ist, als ob wir in ein Wespennnest fassen. Diese Missstände im Handel sind bekannt“, sagt Jörg Lauenroth-Mago von Verdi, „leider werden die Kontrollen der Behörden wohl angekündigt. Ich kann, aber ich will keine konkreten Fälle, Orte und Personen nennen. Weil ich nicht möchte, dass Beschäftigte vom Arbeitgeber an den Pranger gestellt werden.“ Verdi will jetzt auf die Arbeitgeber zugehen, um gemeinsam über das Thema Gesundheitsschutz zu sprechen. „Bei uns sind keine Mitarbeiter-Beschwerden angekommen“, sagt Knut Bernsen, Geschäftsführer des Handelsverbandes Sachsen-Anhalt.