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Immobilienpreise Baukindergeld reicht nicht für Hauseigentum

Immobilienpreise in Deutschland steigen munter weiter. Das neue Baukindergeld allein reicht nicht, um Hauseigentum erschwinglich zu machen.

14.08.2018, 23:01

Berlin (dpa) l Die Wohnung in einem Berliner Altbau wird angepriesen als „Stuckappartement mit Grüßbalkon“, ein angesagtes Viertel, 98 Quadratmeter. Kaufpreis: 580.000 Euro. Schon das allein ist eine ganze Stange Geld. Doch es kommt noch einiges oben drauf: Maklerprovision 7,14 Prozent: Plus 41.412 Euro. Grunderwerbssteuer 6,0 Prozent: Plus 34.800 Euro. Notarkosten: 8700 Euro, Grundbucheintrag: 2900 Euro. Macht 87.812 Euro Kaufnebenkosten.

Dafür bekommt man schon einen Porsche. Angesichts munter steigender Immobilienpreise rückt das Thema Kaufnebenkosten verstärkt in den Blick. Gerade junge Familien bekommen kaum noch bezahlbare Mietwohnungen oder Häuser und prüfen daher einen Kauf, zumal die Bundesregierung ihnen jetzt noch mit dem Baukindergeld unter die Arme greifen will. Spätestens ab Herbst sollen Anträge über die staatliche KfW-Bank gestellt werden können, insgesamt 12.000 Euro pro Kind werden über zehn Jahre gezahlt, wenn das Einkommen der Eltern nicht 90.000 Euro übersteigt (plus 15.000 Euro Freigrenze je weiteres Kind).

Aber nur um die Nebenkosten beim genannten Beispiel mit dem Baukindergeld zu bezahlen, bräuchte man sieben Kinder. Und die Leistung, die nach Schätzungen am Ende bis zu zehn Milliarden Euro kosten könnte, wird von den Steuerzahlern mitfinanziert. Wenn man bei anderen Hebeln, wie den Kaufnebenkosten ansetzt, würde es die Allgemeinheit nichts kosten. Das Baukindergeld soll für alle Kauf und Hausbauverträge gelten, die zwischen dem 1. Januar 2018 und 31. Dezember 2020 abgeschlossen werden, es wird rückwirkend gezahlt.

Doch die Bundesregierung spürt, dass das nicht reichen könnte. „Wir prüfen aktuell, ob sich das Bestellerprinzip auch auf Immobilienverkäufe übertragen lässt“, sagt Justizministerin Katarina Barley (SPD). Das bedeutet, dass derjenige die Maklerkosten zu tragen hat, der den Makler beauftragt hat – oft der Verkäufer. Dies wurde bereits bei der Vermittlung von Mietwohnungen eingeführt. „Die Einführung dieses Bestellerprinzips war ein wichtiger Schritt, um Mieter spürbar zu entlasten“, sagt Barley.

Nun setzen sich vor allem CDU und CSU für Immobilienkäufer ein, die Union hat auch das Baukindergeld durchgesetzt. Die SPD gilt eher als Anwalt der Mieter und will vor allem mehr sozialen Wohnungsbau, doch auch der Sprecher der SPD-Fraktion für Wohnen und Bauen, Bernhard Daldrup, meint, dass sich etwas ändern müsse: „Grunderwerbsteuer, Makler-, Notar- und Grundbuchkosten machen mittlerweile 15 Prozent des eigentlichen Kaufpreises aus“, kritisiert Daldrup. „Damit gehören die Baunebenkosten zu den entscheidenden Preistreibern fürs Wohnen.“ 

Die Maklergebühr schwankt in Deutschland zwischen 7,14 bis 5,95 Prozent des Kaufpreises. In Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen und Brandenburg zahlt der Käufer die Provision komplett, in den anderen Bundesländern wird sie in der Regel geteilt zwischen Käufer und Verkäufer. Die Grünen haben im Juli im Bundestag einen Antrag eingereicht, um das Bestellerprinzip auch beim Kauf von Wohneigentum einzuführen, zudem solle die Provision der Makler auf zwei Prozent inklusive Mehrwertsteuer gedeckelt werden.

Die Leistung der Makler ist außer Besichtigungen und Hilfe bei der Kaufabwicklung für Käufer oft unklar. Die Grünen betonen, in Österreich und den Niederlanden gelte bereits das Bestellerprinzip. „In den Niederlanden, wo Preisabsprachen gesetzlich verboten seien, habe ein transparenter Preiswettbewerb zu Maklerprovisionen zwischen 1 und 2 Prozent geführt“, wird in dem Grünen-Antrag betont. Die Bundesregierung fahre einen „Makler-Kuschelkurs“, so Katrin-Göring-Eckardt. 

Die Maklerbranche ist aufgeschreckt. Sie ist wenig überraschend gegen Änderungen, die ihr Geschäft torpediert: Es könnte weniger Aufträge geben, wenn Verkäufer selbst die Provision zahlen müssen. Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes IVD betont: „Das Bestellerprinzip würde Immobilienkäufer nicht entlasten, sondern im Gegenteil stärker belasten.“ Denn der Verkäufer würde die Maklerprovision auf den Kaufpreis aufschlagen – dadurch würde sich auch die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer erhöhen und die Gesamtkosten für den Erwerber würden steigen. „Der Gesetzgeber würde somit zum Preistreiber – und zum einzigen Profiteur: Verlierer ist der Steuerzahler“, sagt Schick. 

Sein Vorschlag: Eine Reform der Grunderwerbsteuer, die von den Ländern erhoben wird, wäre eine deutlich effektivere Möglichkeit, Wohneigentum zu fördern und Käufer zu entlasten. „Bis 2006 lag die Grunderwerbsteuer bundesweit noch bei 3,5 Prozent – heute liegt sie bereits bei bis zu 6,5 Prozent.“ In die gleiche Richtung zielt der Eigentümerverband Haus & Grund. „Wenn der Staat die Erwerbsnebenkosten senken möchte, sollte er zunächst bei sich selbst anfangen“, sagt deren Sprecher Alexander Wiech. Doch der Druck auf die Branche wächst: Die Preissteigerungen sind finanziell für Makler ein Segen – nun könnten sie zur Gefahr für ihr Geschäftsmodell werden.