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Internetwährung Warum die Bitcoin-Blase geplatzt ist

2017 gingen Kryptowährungen durch die Decke, 2018 kam die Talfahrt. Elmar Lukas, Professor an der Universität in Magdeburg, erklärt warum.

Von Massimo Rogacki 18.01.2019, 00:01

Volksstimme: Herr Professor Lukas, investieren Sie in Bitcoin?
Elmar Lukas:
Nein. Ich habe mir mal eine Wallet – also eine Art digitale Geldbörse – zugelegt. Allerdings nur, um Transaktionen mit Ethereum (zweitgrößte Kryptowährung, Anm. d. Red.) zu testen.

Sie würden also nicht damit spekulieren?
Bei einem so hochspekulativen Titel wie Bitcoin sollte man nur mit Geld operieren, das man theoretisch auch vor seinen Augen verbrennen könnte. Wer jetzt investiert, sollte auf jeden Fall starke Nerven haben.

Der Höhepunkt des Krypto-Hypes war im Dezember 2017, als der Bitcoin die 20.000-Dollar-Marke durchbrach. Seither hat er mehr als 80 Prozent eingebüßt.
Ich bin froh, dass die Blase geplatzt ist. Jetzt, in einer Phase der Konsolidierung, nehme ich das alles auch erst wieder ernst. Im Dezember 2017 erinnere ich mich an Lehrveranstaltungen, in denen wir die Entwicklung thematisiert haben. Man ging morgens ins Seminar und 45 Minuten später war der Bitcoin-Kurs um 800 Euro gestiegen.

Es gab nicht wenige Menschen, die das Gefühl hatten, etwas zu verpassen, wenn sie nicht mitmachen.
Das stimmt. Bei vielen gab es diesen Impuls. Alle werden Millionär, nur man selbst nicht. „Fear of Missing out“ nennt man so etwas. Ich war im Übrigen sehr erstaunt darüber, wie viele Studierende mir in dieser Zeit mit einer großen Selbstverständlichkeit davon berichteten, dass sie Bitcoin besitzen. In einer solchen Lebenssituation, mit notorisch knappem Budget, spekulierten viele an einem Markt, der hochgradig risikobehaftet ist.

Die Schwelle, sich dabei auszuprobieren, ist niedrig.
Das ist richtig. Wenn Sie vergleichbare Transaktionen bei einer Bank tätigen, würden sie erst mal geprüft. Bei Kryptowährungen ist die Wallet in wenigen Sekunden eröffnet. Dann wird das Geld überwiesen und im Handumdrehen ist man Besitzer eines hochrisikobehafteten Titels. Die Wahrnehmung von Bitcoin als Investment ist eine ganz andere, es gibt eine niedrigere Schwelle als etwa beim Aktienkauf.

Einige haben Geld verdient, viele sind inzwischen auf dem Boden der Tatsachen angekommen.
Es lag auf der Hand, dass die Blase irgendwann platzen würde. Hohe Rendite gibt es nicht ohne hohes Risiko. Das sollten viele jetzt verstanden haben. Das soll aber nicht heißen, dass jeder die Reise in die Welt der Krypto-Assets voreilig abbrechen sollte. Die Volatilität ist natürlich da. Dennoch hat das System trotz Krise gezeigt, dass es nach wie vor funktioniert. Wir haben schließlich derzeit keinen Kurs von drei Cent. Es sind immer noch über 3500 Dollar. Für eine Technologie, die keinen inneren Wert hat, ist das immer noch sehr gut.

Wie spannend ist das Thema Kryptowährungen für Sie als Wissenschaftler?
Sehr spannend. Den Mechanismus dahinter hat doch noch keiner umfassend verstanden. Wir sind in einer Phase, in der wir noch lernen müssen. Das Thema ist auch komplex, weil für Kryptowährungen vielerlei Kompetenzen benötigt werden: Kenntnisse im Informatikbereich, in der Spieltheorie, der Geldpolitik oder im Risikomanagement. Es ist deshalb sinnvoll, interdiszi- plinär zu arbeiten. Die Studierenden können in unserem Labor, dem Fintech-Lab, mit der Technologie experimentieren. Im angeschlossenen ego-Inkubator arbeiten Studierende an konkreten Gründungsideen, die unter anderem mit Kryptowährungen zu tun haben.

Wie sehen Sie das künftige Potenzial von Kryptowährungen?
Nehmen wir mal Zahlungen zwischen Niederlassungen eines multinationalen Konzerns. Dollar in Euro zu wechseln, das ist ein Ritus der Vergangenheit, wenn Währungen wie Ripple die Netze fluten (Ripple, auch „Bitcoin der Banken“ genannt, ist ein Zahlungsnetzwerk, das den internationalen Zahlungsverkehr effizienter gestalten soll; Anm. d. Red.).

Was könnte für Anleger interessant werden?
Wenn man sich anschaut, wie diese Titel zu anderen korrelieren, sind interessante Eigenschaften abzuleiten. Bei Kryptowährungen haben wir in der Regel keine wechselseitige Beziehung zu anderen Kapitalmarkttiteln wie etwa Rohöl oder Aktien. Das ist schon mal gut. Wir haben sogar mitunter eine negative Korrelation. Das heißt, wenn etwa der Bitcoin fällt, dann kann eine Siemens-Aktie im Preis steigen. Ergo könnten Anleger Diversifizierungseffekte ausnutzen und somit ihr Risiko minimieren. Und trotz der Unsicherheit: Es kann natürlich Spaß machen, in Kryptowährungen zu investieren. Sowohl Bitcoin, Ethereum oder Litecoin sind atomisierbar, in ein Tausendstel oder ein Hundertstel. Warum nicht mit ein paar Euro einsteigen? Der Merkspruch wie bei so vielen Finanzprodukten gilt nach wie vor: Nicht alles auf eine Karte setzen. Wenn Sie 100 Euro über haben, dann kann man seinem Neffen auf diese Weise ein originelles Geburtstagsgeschenk machen.

Wann kommt der Tag, an dem wir wie selbstverständlich an der Supermarkt-Kasse mit Bitcoin bezahlen?
Der Bitcoin wird noch eine Weile ein reines Spekulationsobjekt bleiben. Das Potenzial in der Währung oder in der Technologie sehe ich auf jeden Fall. Ich wünsche mir, dass er sich als Zahlungsmittel durchsetzt. Wenn Sie mich fragen, wird das eher noch bis 2040 dauern.

Elmar Lukas ist Professor für Innovations- und Finanzmanagement an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.