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Landwirtschaft Die Alternativen der Bauern

Ob Windrad, Biogas oder Feriengäste - viele Bauern in Sachsen-Anhalt suchen nach Wegen, um ihr herkömmliches Einkommen aufzustocken.

Von Gitta Keil 18.06.2017, 23:01

Lindau/Anhalt (dpa) l Arnold de Vries hat seinen Hof in Lindau im Fläming. 280 Milchschafe hält er in seinem Familienbetrieb und macht daraus Käse in vielfältigen Varianten, Milch und Lammfleisch. Er gehört zu den Landwirten in Sachsen-Anhalt, die vorrangig auf Direktvermarktung setzen. Das heißt, einen Großteil seiner Produkte bietet er in seinem Hofladen an.

Etwa rund 300 landwirtschaftliche Direktvermarkter wie de Vries gibt es laut Agrarministerium in Sachsen-Anhalt. Bei der pflanzlichen Direktvermarktung überwiegen mit 57 Prozent die Obst- und Gemüseverarbeitung. Kartoffeln machen etwa 32 Prozent aus, so das Ministerium unter Berufung auf Recherchen der Agrarmarketing-Gesellschaft Sachsen-Anhalt vom November 2016. Bei der tierischen Direktvermarktung haben Wurst- und Fleischproduzenten mit 58 Prozent die Mehrheit, gefolgt von Eiern mit 45 Prozent.

86 Prozent aller landwirtschaftlichen Direktvermarkter verkaufen ihre Produkte über einen Hofladen, 28 Prozent gehen zusätzlich auf Wochenmärkte. Online verkaufen immerhin 21 Prozent der Direktvermarkter ihre Waren.

In Zeiten existenzgefährdend niedriger Milchpreise – wie in der jüngeren Vergangenheit – ging so mancher Bauer dazu über, die Milch seiner Kühe nicht mehr komplett an Molkereien zu geben, sondern selbst über Automaten zu vermarkten. Der Milchatlas des Agrarministeriums listet mittlerweile 23 Milchtankstellen auf. Angaben darüber, welchen Anteil die Direktvermarktung an der Gesamtproduktion des jeweiligen Landwirtes hat, liegen laut Ministerium nicht vor.

Infografik: Anzahl der Milchbetriebe in Deutschland sinkt | Statista Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Sachsen-Anhalts grüne Agrarministerin Claudia Dalbert bewertet die Entwicklung positiv: Direkt vom Hof – lecker, regional und gut für die Umwelt. „Viele Verbraucherinnen und Verbraucher schätzen Geschmack, Qualität und Frische der Lebensmittel aus ihrer Region. Die Wertschöpfung bleibt in der Region. Die Produkte werden nicht kilometerlang gefahren“, so die Ministerin. Für die Bauern sei die Direktvermarktung ein Standbein, mit dem sie von Weltmarktpreisen und den Preisen des Einzelhandels unabhängiger werden könnten.

Laut Statistik gibt es allerdings derzeit mehr als 4200 landwirtschaftliche Betriebe in Sachsen-Anhalt. Dagegen ist die Zahl der Direktvermarkter vergleichsweise gering. Hier gibt es offensichtlich noch jede Menge Luft nach oben.

„Ich glaube, dass es aufwärts gehen kann“, sagt de Vries, der auch Vorsitzender des Vereins Direktvermarktung innerhalb des Landesbauernverbandes ist. Entscheidend seien die Konsumenten. „Die müssen bereit sein, mehr zu bezahlen“, meint er. „Im Hofladen ist es teurer, aber die Qualität ist auch besser.“ Ein Hemmnis sei allerdings, dass gerade eher kleinere Höfe ihre Produkte direkt vertreiben. Sie könnten sich keine größeren Investitionen leisten, um ihre Direktvermarktung voranzutreiben, betont der Landwirt.

Laut Statistischem Bundesamt hat sich von rund 285.000 landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland etwa jeder Dritte Einkommensalternativen geschaffen. Neben der Verarbeitung und Direktvermarktung ihrer Produkte setzen Deutschlands Landwirte etwa auch auf Urlaubs- und Freizeitangebote auf dem Bauernhof. 49 Prozent verdienen sich mit der Erzeugung erneuerbarer Energien Geld dazu.