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Landwirtschaft Tierfutter wird in Sachsen-Anhalt knapp

Bauern dürfen auf ökologische Brachflächen zurückgreifen

14.08.2020, 23:01

Magdeburg (dpa) l Durch den dritten trockenen Sommer in Folge haben Sachsen-Anhalts Landwirte zunehmend Probleme, genug Tierfutter zu produzieren. „Durch die bereits zu trockenen Vorjahre kamen viele Betriebe mit geringen Futterreserven aus dem Winter“, sagte Erik Hecht vom Bauernverband Sachsen-Anhalt. Diese hätten wegen der Trockenheit bislang kaum aufgefüllt werden können.

Das Problem ist auch der Landesregierung bekannt. „Die Klimakrise schlägt mit aller Härte zu: Es ist das dritte Jahr in Folge viel zu trocken“, sagte Agrarministerin Claudia Dalbert (Grüne) am Freitag. Sachsen-Anhalt sei von der Trockenheit bundesweit mit am stärksten von allen Bundesländern betroffen, sind sich Dalbert und Hecht einig. Die Futterknappheit sei zwar ein landesweites Problem, an manchen Orten aber besonders drastisch, sagten sowohl Ministerium als auch Bauernverband.

Laut Agrarministerium trockneten die Flächen in Sachsen-Anhalt in der ersten Jahreshälfte einerseits durch geringe Niederschläge weiter aus. Warme Luft und hohe Windgeschwindigkeiten hätten außerdem viel Feuchtigkeit verdunsten lassen. Der Starkregen im Juni hätte das nur in einigen Gegenden ausgleichen können. Auch der Bauernverband sieht regionale Unterschiede. „Regionen im Regenschatten des Harzes leiden besonders unter fehlenden Niederschlägen“, sagte Hecht. „Der Grad der Betroffenheit unterscheidet sich abseits der Niederschläge auch an den Böden der jeweiligen Regionen, da sandige Böden die wenigen Niederschläge nicht halten können.“

Dalbert appellierte an die Landwirte, sich auf die veränderten klimatischen Bedingungen einzustellen und ihre Futterflächen nicht zu knapp zu bemessen oder trockenresistentere Sorten anzubauen.

Mit dem Umsteuern haben die Betriebe laut Bauernverband bereits begonnen und widmen der Futterproduktion immer größere Ackerflächen. So wurde die Anbaufläche für Silomais, eine der wichtigsten Futterpflanzen, laut Bauernverband in diesem Jahr landesweit um rund 4000 Hektar erhöht. „Auch die Anbauflächen von Ackergras und Luzerne wurden ausgeweitet“, sagte Hecht. „Diese sind jedoch, wie auch die Wiesen und Weiden im Land, auf die ausbleibenden Niederschläge angewiesen.“

Und die würden in Zukunft wahrscheinlich immer häufiger ausbleiben, fürchtet man im Agrarministerium. Das treffe vor allem Rinder- und Schafhalter. Durch die Trockenheit stehe den Tieren auf den Weiden weniger frisches Futter zur Verfügung und den Landwirten weniger, das sie ernten und einlagern können. Dalbert empfiehlt den Bauern angesichts der Prognosen für die kommenden Jahre deshalb zusätzlich, sich gegen die Ausfälle zu versichern.

„Für eine Dürreversicherung gilt seit 1. Januar 2020 der ermäßigte Versicherungssatz von 0,03 Prozent, so wie bei Hagel und Sturm“, sagte die Ministerin. „Alle Betriebe sollten eine solche Versicherung abschließen.“ Um den akuten Futtermangel zu lindern, stellte das Ministerium den Bauern im Sommer wie schon im Vorjahr zusätzliche Flächen zur Futterproduktion zur Verfügung.

Ab einer Anbaufläche von 15 Hektar müssen landwirtschaftliche Betriebe fünf Prozent ihrer Äcker als brache, sogenannte ökologische Vorrangflächen (ÖVF) ausweisen und dürfen darauf nichts anbauen. Dadurch soll eine zu schnelle Auslaugung der Böden verhindert und die Regeneration von Ackerflächen sichergestellt werden. Durch die Sondergenehmigung können die Viehhalter nun aber seit 1. Juli die Gräser und Pflanzen, die auf diesen Brachflächen wachsen, ernten und als Futter nutzen. Bis Ende Juli machten nach Angaben des Ministeriums bereits 236 Unternehmen von der Sondergenehmigung Gebrauch und nutzen rund 2400 Hektar der Brachflächen für die Futterproduktion.

Der Futter-Ertrag dieser Flächen sei allerdings „überschaubar“, sagte Hecht. So seien für die Ernte der ÖVF Ressourcen wie Arbeitszeit und Diesel nötig, bei dem geringen Ertrag lohne sich das nicht immer. Auch hätten sich die Bauern gewünscht, schon früher auf diese Flächen zugreifen zu können, da die Gräser und Kräuter darauf zu einem früheren Zeitpunkt des Jahres noch nahrhafter gewesen seien.