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Olympia Biathlon mit Patronen aus Schönebeck

Fast alle Spitzenbiathleten schießen mit Munition aus Schönebeck. Das Werk will weiter wachsen.

04.02.2018, 23:01

Schönebeck (dpa) l Wenn am 9. Februar die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang beginnen, werden Christoph Tolonitz und seine Kollegen in Schönebeck das Sportereignis so oft wie möglich am Bildschirm verfolgen. Obwohl sie zu Hause bleiben, sind sie mit dabei: Beim Biathlon steckt die Munition ihrer Firma Nammo in fast allen Gewehrläufen. „Wir haben einen Marktanteil von 85 Prozent“, sagt der Leiter des Sportservice, „es gibt nur wenige Spitzenathleten, die mit anderer Munition schießen.“

Beim Schießen kommt es nicht nur auf eine ruhige Hand des Schützen und ein gutes Gewehr an, sondern auch auf die Munition. „Bei einem schlechten Munitionslos kann man eine Streuung von 20 bis 25 Millimeter haben, bei einem guten sind es nur 12 bis 14“, erklärt Tolonitz. „Da kann es durchaus passieren, dass man bei einem Randtreffer mit guter Munition einen Treffer erzielt und mit schlechter nicht. Im Biathlon geht es dabei um eine Strafrunde.“

Wobei das mit dem Besser und Schlechter bei der Marke Lapua so nicht stimmt. „Die Munition passt einfach zu der einen Waffe besser und zu der anderen schlechter“, erklärt Tolonitz. „Das ist schwarze Kunst“, sagt der Trainer der Hessischen Schützenjugend, William Murray, „das muss man einfach ausprobieren.“

Seit zwei Jahren schießen die Hessen mit Schönebecker Munition und sind zufrieden. „Der Wechsel war ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt der Trainer der hessischen Schützen, die in Rio mit Henri Junghänel einen Olympiasieger stellten.

Weil die Munition so wichtig für die Treffergenauigkeit ist, geben sich auf dem Schießstand in Schönebeck Trainer und Betreuer von Spitzenathleten aus dem In- und Ausland quasi den Abzug in die Hand. In jeder Saison testen sie, welches Munitionslos am besten zu welchem Gewehr passt. Dazu wird der Lauf in einem Schraubstock fixiert. Auf einem Monitor erscheint vergrößert das Trefferbild der Zielscheibe in 50 Metern Entfernung. „Je geringer die Streuung, desto besser passt die Munition zum Gewehr“, erklärt Schießstandleiter Andreas Schnitzeler.

Da auch die Temperatur das Gewehr beeinflusst, schießen die Biathleten in einer Kältekammer bei eisigen Minusgraden an. Trainer Murray muss nicht frieren. Er testet das Zusammenspiel der Gewehre seiner Athleten mit der Munition bei angenehmer Raumtemperatur. Es sind winzige Abweichungen, die große Auswirkungen haben können, weiß er. „Wir schießen auf Zehntel Ringwertungen. Jeder Zehntel Millimeter macht was aus und summiert sich bei 60 Schüssen.“

Die Schönebecker sind die ältesten noch produzierenden Munitionshersteller Deutschlands. Ihre Geschichte begann 1829 mit der Produktion von Zündhütchen. Heute kommt von der Elbe Jagd- und Sportmunition der Marken Lapua und SK. 200 Millionen Patronen für Kleinkalibergewehre verlassen jährlich die Fabrik.

Schon in den zurückliegenden Jahren wurden die Produktion erhöht und neue Mitarbeiter eingestellt. Nun will das Schönebecker Traditionsunternehmen, das zum finnisch-norwegischen Konzern Nammo gehört, weiter wachsen. Doch erst einmal freuen sich die Schönebecker auf Olympia. Sie fiebern mit mit den Athleten, die ihre Munition verwenden.