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Olympische Spiele Mit Munition aus Schönebeck zu Gold

Bei den Olympischen Spielen in Rio setzen deutsche und internationale Sportschützen auf Patronen aus Sachsen-Anhalt.

04.08.2016, 23:01

Schönebeck l Zu nachtschlafender Zeit wird Peter Harms aus seinem Bett aufstehen und zum Fernseher torkeln. Wenn in Rio die Sportschützen antreten, sitzt der Geschäftsführer des Munitionsherstellers Nammo aus Schönbeck in seiner Wohnung und fiebert mit. Etwa ein Drittel der Athleten geht mit den Patronen aus Sachsen-Anhalt bei den Olympischen Spielen auf Medaillen-Jagd. Auch vier Sportschützen der deutschen Mannschaft treten mit der Schönebecker Munition an. Peter Harms traut ihnen Gold zu. Am Material dürfte dieses Vorhaben jedenfalls nicht scheitern. Denn die Munition aus Schönebeck zählt zu den Besten der Welt.

Zwischen 150 und 200 Millionen Patronen verlassen das Werk im Salzlandkreis jedes Jahr. Nammo, ein finnisch-norwegischer Rüstungskonzern, lässt an 22 Produktionsstätten in elf Ländern Waffen und Munition herstellen. Rund eine halbe Milliarde Euro setzt der Staatsbetrieb jährlich um. In Schönebeck stellen 80 Mitarbeiter Kleinkaliberpatronen für Gewehre und Pistolen her. Die Produkte werden aber nicht militärisch genutzt; professionelle Sportschützen sind die Kunden der Schönebecker. In 54 Länder wird die Munition exportiert.

Vor allem im Biathlon sind die Patronen zu Hause. 91 Prozent der Sportler schießen mit den Projektilen aus dem Salzlandkreis. Eine Zahl von der Biathlon-Weltmeisterschaft in Oslo in diesem Jahr beeindruckt: 32 von 33 Medaillen wurden mit der Munition aus Schönebeck erkämpft. „Sportler auf der ganzen Welt setzen auf unsere Produkte. Für uns ist das Ansporn und Verpflichtung zugleich“, sagt Peter Harms, der seit zwei Jahren als Geschäftsführer für Nammo in Schönebeck arbeitet.

Rund eine Million Euro ist im vergangenen Jahr in Maschinen investiert worden, damit die Top-Athleten auch in der Zukunft nicht an der Munition aus Sachsen-Anhalt vorbeikommen. „Wir wollen immer einen Schritt vor der Konkurrenz sein“, sagt der 58-jährige Harms. Doch Wettbewerber wie Eley und Ruag schlafen nicht. Nammo in Schönebeck spürt den Druck der Rivalen. Die Fertigung von Schrotpatronen für Jagd- und Sportgewehre wurde im Dezember 2014 eingestellt. Nammo hat die Produktion auf Kleinkaliber-Munition fokussiert. Wachstumsziele, die der Konzern vorgibt, sind in der Sparte eher zu erreichen: Fünf bis zehn Prozent mehr Umsatz sollen die Schönebecker jedes Jahr erwirtschaften.

Das gelingt bislang. Die Herstellung der Hochleistungsprojektile ist anspruchsvoll. Fehler sind nicht erlaubt. Denn kleinste Abweichungen in dem Produkt entscheiden im Wettkampf über Sieg oder Niederlage. Ausschlaggebend für die Qualität der Patronen ist das Trefferbild. Während der Produktion finden regelmäßige Qualitätskontrollen auf dem werkseigenen Schießstand statt. „Das Optimum ist, wenn zehn Schüsse durch das gleiche Loch fliegen“, erklärt Harms. Doch das schaffen selbst Profi-Schützen nur äußerst selten.

Die Kunden von Nammo aus Schönebeck suchen ihre Patronen vor Ort im Werk aus. Vor Saisonbeginn entscheiden sich Stars wie der Däne Torben Grimmel nach einem Munitionstest für eine spezielle Produktionscharge. Bis zu 15 000 Patronen brauchen die Profi-Schützen jedes Jahr für Training und Wettbewerbe. Grimmel, der in Rio an seinen fünften Olympischen Spielen teilnimmt, ist für Nammo-Geschäftsführer Peter Harms der Favorit. Bei den drei letzten Weltcups vor den Spielen war der Däne schon in Top-Form. Die Konkurrenten ließ er hinter sich. Auch in Rio soll das so sein: Ein kleines Stück der Goldmedaille ginge dann auch nach Schönebeck.

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