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Rinder-Allianz Abschied von der Bullenhaltung

Die Rinder-Allianz reagiert auf die Milchkrise. Am Standort Bismark werden die Dienstleisungen für Landwirte gebündelt angeboten.

Von Rudi-Michael Wienecke 05.08.2016, 01:01

Bismark l 37 Bullen sind aktuell noch in der Bismarker Besamungsstation (Landkreis Stendal) aufgestallt. Nach der nächsten Zuchtwertschätzung werden die besseren von ihnen nach Woldeck (Mecklenburg-Vorpommern) umziehen, einige ihre Zuchtkarriere beenden. Die Rinder-Allianz verabschiedet sich von der Bullenhaltung in der Altmark. Sie reagiert auf die Herausforderungen der Milchkrise, denn nicht nur bei den Landwirten, sondern auch bei diesem Unternehmen machen sich die niedrigen Milchauszahlungspreise negativ bemerkbar.

„Es gilt jetzt die vorhandenen Synergieeffekte zu erschließen und konsequent zu nutzen. Eine Konzentration der teuren Bullenhaltung und Samenproduktion an einem Standort der Rinder-Allianz war deshalb unumgänglich“, begründet Matthias Löber, einer der drei Geschäftsführer.

Die Besamungsstation in Woldeck verfüge über genügend Kapazität, um alle benötigten Vatertiere aufzunehmen. Durch das moderne Verfahren der genomischen Selektion könne die Zahl der potenziellen Kandidaten außerdem begrenzt werden. Es sei möglich, schon beim Kalb die Vererbungsleistung mit recht hoher Sicherheit vorauszusagen. Deshalb würden künftig nur noch rund 25 Jungbullen im Jahr angekauft werden.

Trotzdem verabschiede sich die Rinder-Allianz nicht von der bewährten Nachkommenschaftsprüfung. Hier werden aber neben den traditionellen Merkmalen vor allem Gesundheitsdaten erfasst, um nicht nur leistungsfähige, sondern auch langlebige Kühe zu züchten. Der durchschnittliche Bullenbestand in Woldegk werde bei etwa 150 Vatertieren pro Jahr liegen. „Diese Zahl ist ausreichend, um das Unternehmensziel von etwa einer Million im In- und Ausland zu verkaufenden Spermaportionen zu erreichen“, so Löber. Gleichzeitig versicherte er, dass den bisherigen Mitarbeitern der Bismarker Besamungsstation neue Perspektiven im Unternehmen angeboten werden.

Die Konzentration der Bullenhaltung an einem Standort werde nicht nur zu deutlichen Kosteneinsparungen führen, sondern sie eröffnet gleichzeitig neue Vermarktungsmöglichkeiten. Die Stallungen in Bismark sollen nämlich zu einem weiteren Vermarktungszentrum ausgebaut werden. Dann könnten in Bismark künftig Rinder in getrennten Stallungen gesammelt oder für EU-Exporte quarantänisiert werden. Von diesen Plänen profitieren die Landwirte. „Der Zuchtviehmarkt, vor allem der Export, bietet perspektivisch gute Absatzmöglichkeiten. Allein im laufenden Abrechnungszeitraum sind die Vermarktungszahlen im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent gestiegen“, sagt Löber.

Indes wird auf dem Rinder-Allianz-Gelände weiter am „Kompetenz-Zentrum Rind“ gebaut. Für rund eine Million Euro entstehen ein Verwaltungsgebäude und eine Halle für den Verkauf von Agrarartikeln. Einziehen werden die Rinder-Allianz als Bauherr, der Rinderzuchtverband Sachsen-Anhalt eG, der Landeskontrollverband Sachsen-Anhalt und die Agro-Tier-Service. „Milch- und Fleischrindhalter finden hier nach Fertigstellung bequem und an einer Stelle vieles, was für einen Landwirtschaftsbetrieb gebraucht wird. Von Zuchtbescheinigungen, über Rindersamen aller Rassen bis zum Euterpflegemittel bleibt kein Wunsch offen. Vor allem aber stehen den Kunden kompetente Experten für Zucht und Milchleistungsprüfung unter einem Dach zur Seite“, wirbt der Geschäftsführer.

Das bisherige Verwaltungsgebäude des Unternehmens in der Stendaler Bahnhofstraße wurde an einen Investor verkauft, wird aber noch bis zum Umzug im Frühjahr 2017 nach Bismark von den Tierzüchtern genutzt. Zukünftig werden in diesem Gebäude unter dem Namen „Herdbuchhaus“ Wohn-sowie Büroräume angeboten.

Gegründet wurde die Rinder-Allanz im März 2014 von den Rinderzuchtverbänden Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, um die operativen Bereiche Zucht, Besamung und Vermarktung gemeinsam zu betreiben. Aktuell gibt es rund 800 Mitgliedsbetriebe mit etwa 300 000 Kühen.