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Sponsoring Pflege-Firma steht zum Fußballclub

Die Partnerschaft zwischen Humanas und dem 1. FC Magdeburg ist auf Kritik gestoßen. Die Geschäftsführung bleibt jedoch gelassen.

13.01.2017, 23:01

Magdeburg l Mitte Dezember hat der 1. FC Magdeburg mit dem Colbitzer Unternehmen Humanas einen neuen Hauptsponsor vorgestellt. Die Partnerschaft kostet Humanas einen niedrigen sechstelligen Betrag. Viel Geld, finden manche Volksstimme-Leser wie Alfons Briza. Sie fragen in Zuschriften, wie es sich ein Unternehmen aus der Pflegebranche denn leisten könne, den Drittligisten zu sponsern. Sollte es von dem Geld nicht lieber seine Mitarbeiter besser bezahlen? Die Zeitung hat nachrecherchiert.

Bei Humanas handelt es sich nicht um einen ambulanten Pflegedienst oder Heimbetreiber im klassischen Sinn. Das Unternehmen baut und betreibt Wohnparks in Sachsen-Anhalt und bietet seinen Bewohnern je nach Bedarf individuelle Pflegeleistungen an. Im Prinzip ist es damit eine Mischung aus Immobilien- und Pflegeunternehmen. Es generiert seine Einnahmen nicht nur aus Pflege- und Zusatzbeiträgen, sondern auch aus Mieteinnahmen. 2006 haben Ina und Jörg Biastoch die Firma gegründet – und dabei einen sehr günstigen Zeitpunkt erwischt.

Weil die Bevölkerung immer stärker altert, wächst seit Jahren der Bedarf an altersgerechtem, barrierefreiem Wohnraum. „Wir waren von unserem Konzept überzeugt und haben schnell Investoren und Banken für unsere Geschäftsidee begeistern können“, erzählt Jörg Biastoch im Volksstimme-Gespräch. Beschleunigt wurde das Firmenwachstum nicht nur von der Wohnraum-Nachfrage – in Zeiten niedriger Zinsen ist es für Banken und Privatinvestoren besonders interessant, Geld in Beton anzulegen.

Inzwischen können die Biastochs auf eine rasante Geschäftsentwicklung zurückblicken: Innerhalb der vergangenen zehn Jahre haben sie acht Wohnparks im Norden Sachsen-Anhalts errichten lassen. 170 Beschäftigte zählt das Unternehmen mittlerweile, im vergangenen Jahr lag der Umsatz der Humanas-Gruppe, die aus einer Bau- und einer Betriebsgesellschaft besteht, bei zehn Millionen Euro.

„Wir sind in unserer Branche deutschlandweit das am schnellsten wachsende Unternehmen gewesen“, erzählt Biastoch. Geht es nach ihm, dann wird die Entwicklung auch noch ein paar Jahre so weitergehen: „Bis 2021 wollen wir 18 Standorte aufbauen, einen Umsatz von 25 Millionen Euro erwirtschaften und 370 Mitarbeiter beschäftigen.“

Sponsoring betreibt Humanas nicht erst seit Mitte Dezember. „Wir haben bereits vor Jahren angefangen, Vereine in unserer Region zu unterstützen“, erzählt Jörg Biastoch. Angesichts starker Geschäftszahlen könne sich Humanas dies auch finanziell leisten. „Unsere Sponsoring-Aktivitäten machen gerade einmal 1,3 Prozent des Umsatzes aus“, betont er.

Auf die Idee, den FCM zu sponsern, sei er nicht von sich aus gekommen. „Ein Freund hat mich gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte“, erzählt er. Dass sich Biastoch darauf einließ, hatte mehrere Gründe. „Uns ist ein gutes Arbeitsklima wichtig“, betont er. „Bei den Veranstaltungen des FCM pflegen wir nicht wie andere Unternehmen Geschäftskontakte, sondern wir laden Mitarbeiter ein, die sich bei der Arbeit vorbildlich engagiert haben.“

Zur Mitarbeiterbindung zählen bei Biastoch auch angemessene Löhne. Eine Pflegefachkraft erhält nach Unternehmensangaben mindestens 2252 Euro monatlich, wenn sie Vollzeit arbeitet. Hinzu kommen ihm zufolge Zuschläge für Schichtdienste und eine zusätzliche Altersversorgung. Humanas zahlt damit deutlich mehr als andere Pflegeeinrichtungen. Wie die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auf Volksstimme-Anfrage mitteilt, verdient eine Pflegefachkraft in der Altenpflege in Sachsen-Anhalt üblicherweise monatlich 1743 Euro.

Neben Mitarbeiterbindung spielt für die Biastochs beim Sponsoring auch die Fachkräftewerbung eine Rolle. „Wenn wir beim FCM werben, können wir auf unser Unternehmen aufmerksam machen und vielleicht die ein oder andere Nachwuchskraft anlocken.“ Nicht zuletzt spiele Lokalpatriotismus eine Rolle, „natürlich sind wir auch Fußballverrückte im positiven Sinne“, sagt er. Mit Blick auf die Kritiker ist ihm auch wichtig zu betonen, dass die Pflegeleistungen nicht teurer sind als in anderen Einrichtungen. „Wer bei uns Leistungen in Anspruch nimmt, die etwa denen in einer stationären Pflegeeinrichtung entsprechen würden, zahlt etwa 780 bis 800 Euro als Zusatzbeitrag“, berichtet er. Tatsächlich nehmen auch andere Pflegeanbieter um die 1000 Euro als Zusatzbeitrag.

Bleibt die Frage, ob das FCM-Sponsoring aus Marketing-Sicht geschickt ist. Universitätsprofessor Sebastian Uhrich von der Deutschen Sporthochschule Köln beschäftigt sich mit Sportsponsoring. „Firmen sollten zunächst überlegen, ob das Sponsoring zu ihrer Strategie und ihrem Image passt“, rät er. „Wenn die Leute bei einem Fußballverein mit bestimmten Unternehmen nicht rechnen, dann neigen sie eher dazu, sich über das Engagement Gedanken zu machen und der Firma negative Dinge zuzuschreiben.“ Auch könne es passieren, dass vorbildlich arbeitende Firmen beim Image in Sippenhaft genommen werden, wenn der Ruf der Branche, in der sie tätig sind, nicht der beste ist.

Uhrich hat dennoch großes Verständnis für das Humanas-Engagement: „Auch für Pflegeunternehmen ist der öffentliche Auftritt sehr wichtig“, betont er. „Die Unternehmen müssen nur dann darauf achten, dass sie in der Öffentlichkeit klarmachen, warum sie sich engagieren.“