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Stahlindustrie Schönebecker tm Group stellt sich breiter auf

Mit Stahltürmen für Windkrafträder hat tm Group glänzende Geschäfte gemacht. Doch der Boom ist vorbei, die Firmengruppe muss reagieren.

27.07.2016, 23:01

Schönebeck l Thomas Mittrenga läuft durch die Werkshalle. „Es ist Sommer, im Stahlbau geht es heiß her und Anerkennung bekommen wir als Manager durch menschliche und fachliche Vorbildwirkung und nicht durch Statussymbole“, sagt der Geschäftsführer. Der 56-Jährige schüttelt zunächst die Hände seiner Mitarbeiter, bevor er auf die Maschinen zeigt, die er bereits neu angeschafft hat.

Bis 2018 will Mittrenga zwölf Millionen Euro investieren, seine tm Group von der Produktpalette her breiter aufstellen. In den vergangenen Jahren hat der Unternehmer an seinen Standorten in Schönebeck und Dessau vor allem Stahltürme und Ausrüstungen für Windkraftanlagen produzieren lassen, im Jahr bis zu 800 Turmsektionen. Doch der Windkraftboom droht wegen der energiepolitischen Regulierungen der Bundesregierung abzuflauen.

„Die Wind-Branche wird unser Hauptgeschäftsfeld bleiben, gleichzeitig wollen wir künftig mit dem schweren Anlagen- und Maschinenbau stärker wachsen“, erklärt Mittrenga. Drehrohröfen, Mühlen, Kühler sowie Anlagen für Zementwerke zählen zur Produktpalette, Kunden will er künftig auch mit einem umfangreicheren Beratungs- und Serviceangebot überzeugen. „Wir wollen nicht mehr nur die Stahlkonstruktionen zusammenschweißen, sondern unsere Kunden auch bei der Planung der großen Anlagen beraten.“ Mittrenga ist überzeugt, mit dieser Strategie den konsolidierten Jahresumsatz seiner Firmengruppe bei 70 Millionen Euro halten zu können. Zur Gruppe, die insgesamt rund 400 Mitarbeiter beschäftigt, zählen insgesamt vier Tochterfirmen, zwei davon sitzen in Schönebeck, die anderen beiden in Dessau.

Das heutige Konstrukt ist über Jahre gewachsen. 1999 ist Mittrenga als Geschäftsführer bei der Großanlagen- und Schwermaschinenbau Dessau GmbH eingestiegen, 2003 konnte er das Unternehmen im Rahmen eines Management-Buy-out übernehmen. Die Großzerspanung gründete er in eine Tochtergesellschaft aus. Schon damals war für ihn der Bau der Stahltürme für Windkraftanlagen das große Thema, doch in den Boomjahren waren die Produktionskapazitäten in Dessau schnell erschöpft.

2006 bot sich dem Geschäftsmann die Gelegenheit, das traditionsreiche Traktorenwerk in Schönebeck zu übernehmen. Er etablierte dort in den Folgejahren einerseits den Stahlturmbau, entwickelte aber andererseits in einer weiteren Gesellschaft den traditionellen Fahrzeugbau weiter. Einer der Großkunden der Schönebecker Fahrzeugbau GmbH ist heute der Umwelttechnikspezialist Doppstadt. Das Familienunternehmen unterhält unter anderem ein Werk in Calbe und bezieht für seine Umwelttechnik vor allem Fahrgestelle und komplexe Stahlbaugruppen.

Die tm Group, die nach Angaben der Nord LB seit mehreren Jahren zu den 100 größten Unternehmen in Sachsen-Anhalt zählt, will Mittrenga behutsam weiterentwickeln. „Mir geht es nicht darum, kurzfristige Erfolge zu generieren – wir denken stets nachhaltig und langfristig“, erklärt er. Das gelte auch für die Personalplanung. Pro Jahr stellt die tm Group gut ein Dutzend Auszubildene sowie Werks- und Bachelorstudenten ein. „Wir wollen natürlich stets möglichst viele von ihnen langfristig an das Unternehmen binden“, betont Mittrenga. Derzeit liege die Quote jener, die das Ausbildungsziel schaffen und bleiben, bei etwa 70 Prozent – was in Zeiten des Fachkräftemangels eine enorme Leistung sei. „Wir arbeiten hier mit Stahl, das ist eine anspruchsvolle, aber eben auch sehr harte Arbeit.“

Von der Bundesregierung wünscht er sich für die kommenden Jahre mehr Verlässlichkeit in der Energiepolitik. „Mit dem EEG 2016, komplizierten Ausschreibungsmodellen und einer Deckelung der jährlichen Zubauten kommen wir nicht weiter voran“, betont er. „Im Gegenteil, so ist zum Beispiel nach dem Wegfall des Repowering-Bonus der Austausch von Altanlagen eingebrochen.“ Mittrenga fordert deshalb eine nachhaltige europäische Energiepolitik, einen gesunden Energiemix und keine Begrenzung der erneuerbaren Energien.