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Stellenabbau Menschenkette vor Siemens in Berlin

Die Siemens-Beschäftigten setzen ihre Aktionen gegen den Stellenabbau in Berlin und Erfurt fort. Die SPD sieht die Kanzlerin gefordert.

20.11.2017, 23:01

Berlin/München (dpa) l Mit einer Menschenkette um das Berliner Gasturbinenwerk haben am Montag Hunderte Mitarbeiter gegen den geplanten Stellenabbau bei Siemens protestiert. Unter dem Motto „Wir umarmen unser Werk“ versammelten sich nach Angaben der IG Metall rund 800 Beschäftigte an dem Standort im Stadtteil Moabit. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) reihten sich ein.

Das Werk stehe weltweit bei Kunden für Qualität und sei Innovationsführer, sagte der erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin, Klaus Abel. „Dafür, dass das auch in Zukunft so bleibt, kämpfen wir.“ Siemens will allein in Berlin 870 Stellen streichen; betroffen ist neben der Produktionsstätte für Gasturbinen das Dynamowerk. Die IG Metall hatte am Wochenende deutlich gemacht, dass sie notfalls auch zu Streiks aufrufen werde.

Der insgesamt profitable Siemens-Konzern hatte die Einschnitte am Donnerstag angekündigt, um auf schlechter laufende Geschäfte in der Kraftwerks- und Antriebstechnik zu reagieren. Weltweit werden rund 6900 Jobs gestrichen, etwa die Hälfte davon in Deutschland. Senatschef Müller rief Siemens daraufhin auf, seine soziale Verantwortung wahrzunehmen und nicht den sozialen Frieden in Deutschland zu gefährden.

Die Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Eva Högl, rief mit dem Spandauer Abgeordneten Swen Schulz (SPD) Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, sich für die Siemens-Standorte einzusetzen. Die Bundesregierung unterstütze den Konzern, wenn es darum gehe, im Ausland Aufträge zu bekommen. „Jetzt muss die Bundeskanzlerin von Siemens einfordern, sich zu Deutschland und Berlin zu bekennen.“

„Hier stehen wir und können nicht anders“, hieß es auf Transparenten in Anlehnung an einen Luther zugeschriebenen Ausspruch. Auf einem anderen Spruchband stand ein Zitat des Firmengründers Werner von Siemens: „Für augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht.“

Dem Betriebsrat zufolge plant der Konzern, Generatoren größerer Baureihen nicht mehr in Erfurt zu fertigen. Generatoren von 150 Mega-Voltampere aufwärts sollten künftig in den USA hergestellt werden, sagte der Vorsitzende des Betriebsrats, Mario In der Au, am Montag der dpa. „Damit ist der Standort in Gefahr.“ Denn die großen Generatoren seien jene mit großen Gewinnmargen. Diese Option stand bereits am Freitag im Raum. Ein Konzernsprecher wollte sich dazu nicht äußern.

Dem Sprecher zufolge stehen für das Generatorenwerk in Erfurt mit rund 700 Beschäftigten zwei Optionen im Raum: ein Verkauf oder eine Restrukturierung. Aus Konzernsicht sei ein Verkauf die bessere Variante, weil dann die Chance bestehe, einen Großteil der Beschäftigten am Standort zu halten. Laut In der Au würden die großen Generatoren in beiden Fällen ausgelagert. Bei einer Restrukturierung würden mehr als 200 Stellen abgebaut. In der Au sprach sich für einen Verbleib im Siemens-Verbund aus.

Für den heutigen Dienstag ist ein Schweigemarsch vom Erfurter Werk in die Innenstadt geplant. Daran will unter anderem auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) teilnehmen.