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Vermögen Die Sparer haben viel Geld verloren

Ralf-Joachim Götz, Chefvolkswirt der Deutschen Vermögensberatung, spricht über Zinsprognosen und sichere Anlagen in komplizierten Zeiten.

Von Alois Kösters 12.05.2018, 01:01

Ganz am Anfang eine Frage, die wohl jedem Chefvolkswirt gestellt wird: Wann steigen die Zinsen wieder?

Ralf-Joachim Götz: Erfahrungsgemäß folgt die Zinsentwicklung in Europa der der USA einem Abstand von 2 bis 3 Jahren. Es gibt einige Anzeichen dafür, dass die Zinsen wieder leicht steigen werden. Die Rendite für Bundesanleihen steigt bereits. Wir haben wieder eine echte Inflation. Aber für längere Zeit werden wir nicht das Zinsniveau erreichen, das vor Jahrzehnten noch üblich war.

Sparen lohnt sich also auf Dauer nicht?

Vor allem der Staat profitiert von der Niedrigzinsphase. Aber auch so mancher, der sein Haus gebaut hat. Die Sparer haben dagegen viel Geld verloren. Besonders die deutschen. Sachsen-Anhalt liegt mit einer Sparquote von sechs Prozent auf dem vorletzten Platz aller Bundesländer. Im europäischen Vergleich ist das aber ein sehr guter Wert.

Gibt es also nach wie vor die Scheu vor alternativen Anlagenformen?

Ja, selbst die Immobilienquote in Deutschland ist im europäischen Vergleich niedrig. Der Staat agiert zwar als Preistreiber bei den Baukosten und der Grunderwerbssteuer. Trotzdem bleiben Immobilien interessant. Wer aber auf dem Lande für sich baut, muss aber klar sehen, dass auch seine Mobilität dadurch eingeschränkt werden kann.

Ich habe mein Häuschen gebaut. Was kommt jetzt?

Die erste Frage sollte sein: Ist die Basissicherung – also notwendige Versicherungen und die Alterssicherung – okay? Reserven lassen sich auf einem Tagesgeldkonto verfügbar halten. Gerade für langfristige Anlagen sind Fonds interessant. Ich bin jetzt 58 Jahre alt. Wenn ich jeden Monat 10 Euro gespart hätte, wären knapp 7000 Euro zusammengekommen. Auf dem Sparbuch mit Zins und Zinseszins rund 17.000 Euro. In einem klassischen Aktienfonds hätten daraus 140.000 Euro werden können.

Und was ist mit Bausparverträgen, Lebensversicherung oder die in jüngster Zeit viel gescholtene Riester-Rente?

Für die Zinsabsicherung sind Bausparverträge nach wie vor interessant. Auch um kleinere Bauvorhaben einfach zu finanzieren oder als Finanzierungsbaustein. Die Lebensversicherung hat einerseits durch geringe Garantiezuweisungen, die schon unter der Inflationsrate liegen, aktuell verloren. Andererseits kann sie als Rente weiterhin interessant sein. Da entscheidet dann das Lebensalter. Bei der Riesterrente argumentiere ich ganz aus der Sicht des Anlegers. Ob das Produkt teuer ist oder nicht, kann ihm egal sein. Entscheidend ist die staatliche Förderung, die eine Riesterrente für ihn persönlich lukrativ werden lässt.

Profitiert ihr Unternehmen von Sparern, die ihr Geld retten wollen?

Wir haben gute Wachstumsraten. In Sachsen-Anhalt haben wir mittlerweile etwa 250.000 Kunden. Wir profitieren auch davon, dass die Zahl der Geschäftsstellen von Versicherungen und Banken zurückgeht. Unsere Auffassung ist, dass für erklärungsbedürftige Produkte, die jeder braucht, aber keiner haben will, weil sie den Konsum einschränken, das persönliche Gespräch wichtig bleibt.

Die weltweiten politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen verunsichern nicht nur Anleger. Wie sehen Sie die Lage?

Auch früher gab es selten nachrichtenarme Zeiten. Nicht alle Konflikte in der Welt sind auch weltweit relevant. Wir haben gute Wachstumsraten. Immer mehr Menschen können sich etwas leisten. Aber dass es Risiken gibt – vollkommen klar.