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Volkswagen Hitlers Autofabrik bei Fallersleben

Vor 80 Jahren wurde bei Fallersleben der Grundstein für das VW-Werk gelegt.

Von Matthias Kuhn 26.05.2018, 23:01

Fallersleben l Einer der größten Automobilhersteller der Welt beging am 26. Mai 2018 ein besonderes Jubiläum. Vor 80 Jahren wurde am Mittellandkanal, zwischen Fallersleben und dem Schloss Wolfsburg, der Grundstein für die damals europaweit wohl größte und modernste Fahrzeugfabrik gelegt. Hinter diesem Vorhaben steckte der politisch motivierte Plan der Massenmotorisierung mittels eines preisgünstigen „Volkswagens“, entworfen und entwickelt von Ferdinand Porsche: der KdF-Wagen, später bekannt als Käfer.

Die Abkürzung „KdF“ steht für „Kraft durch Freude“ und war eine politische Organisation des NS-Regimes. Sie gehörte zur „Deutschen Arbeiterfront“ (DAF). Geplant wurde das „Werk des KdF-Wagens“ für eine Produktion von rund 150.000 Fahrzeugen jährlich. Adolf Hitler persönlich legte am 26. Mai 1938 den Grundstein für diese Fabrik.

Die Entscheidung für das Fertigen eines „Volkswagens“ geht zurück ins Jahr 1934. Zur Eröffnung der „24. Automobil- und Motorrad-Ausstellung Berlin (IAMA)“ am 8. März forderte Hitler die Produktion eines günstigen Autos „für die Millionenmassen der Käufer“. Am 22. Juni erhielt Porsche vom „Reichsverband der Deutschen Automobilindustrie“ den Auftrag zum Entwickeln eines Prototypen. Die Fahrzeughersteller des Dritten Reiches sahen aber die Forderung des „Führers“ aus ökonomischer Sicht als nicht umsetzbar an. Denn die Reichsregierung setzte auch den Verkaufspreis für den „Volkswagen“ fest: unter 1000 Reichsmark.

Somit beauftragte Hitler die „Deutsche Arbeiterfront“ mit dem Bau einer Produktionsstätte für den „KdF-Wagen“. Am 28. Mai 1937 gründete die DAF unter Aufsicht des DAF-Leiters Robert Ley die „Gesellschaft zur Vorbereitung des Deutschen Volkswagens mbH (GeZuVor)“ mit Sitz in Berlin. Dessen Geschäftsführer Bodo Lafferenz stieß eher zufällig auf den heutigen Standort des größten deutschen Automobilwerkes.

Während einer Reichsbereisung kam er in die dünn besiedelte und ländlich geprägte Region bei Fallersleben. Neben vorhandener Fläche für dieses Vorhaben sprachen weitere, wesentliche Faktoren für den Standort: der Mittellandkanal, die Reichsautobahn von Berlin nach Hannover, die Eisenbahnstrecke Berlin-Ruhrgebiet, die Nähe zu den Stahlwerken in Peine und Salzgitter sowie zur Großstadt Braunschweig.

Des Weiteren sprach für dieses Areal, dass es im Besitz des Grafen von der Schulenburg war, was den Flächenerwerb vereinfachte. Vermutlich sprach auch ein weiterer Aspekt für den Standort: die zentrale Lage im Reichsgebiet. Mit Blick auf Kriegsvorbereitungen ein nicht unwesentlicher Faktor, war damit die Fabrik vor Luftangriffen relativ gut geschützt.

Die Entscheidung eines kompletten Neubaus bot den Planern die Möglichkeit auf damals modernste Produktionsstandards zu setzen. Die ersten Planungen stammten von Diplom-Ingenieur Fritz Kunze, der sich an der zu diesem Zeitpunkt modernsten Fahrzeugfabrik orientierte: River-Rouge der Ford Motor Company in Dearborn/USA.

Das bis heute erhaltene Erscheinungsbild des Volkswagenwerkes Wolfsburg an der Nordseite des Mittellandkanals stammt von den Architekten Emil Rudolf Mewes und Karl Kohlbecker sowie der Architektengemeinschaft Fritz Schupp und Martin Kremmer. Für den Aufbau der Autofabrik kalkulierten die Planer mit Investitionskosten in Höhe von rund 200 Millionen Reichsmark (2,5 Mrd. Euro).

Der Baubeginn startete kurz nach der Grundsteinlegung. Bis 1940 wurden die am Mittellandkanal gelegenen Produktionshallen sowie das am östlichen Ende des etwa 1,3 Kilometer langen Werksgeländes gelegene Kraftwerk fertiggestellt. Das Hochhaus am Westende des Areals sowie die kompletten nördlichen Produktionshallen fehlten.

Erst 1957 griff die Werksleitung die alten Planungen auf und errichtete ein 13-stöckiges Hochhaus – das Verwaltungshochhaus, seit 2016 Markenhochhaus. Damit war das markante Erscheinungsbild des Werkes komplettiert.

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges kamen die Bauarbeiten fast zum Erliegen. Auch eine Produktionsaufnahme des „KdF-Wagens“ erfolgte nicht. Die vorhandenen Produktionskapazitäten wurden ausschließlich für militärische Zwecke genutzt. Bombenangriffe im Sommer 1944 führten zu einer Zerstörung von rund 20 Prozent der Produktionsgebäude. Über 90 Prozent der Produktionsanlagen blieben aber intakt, da sie in die Kellerbereiche der Hallen verlegt worden waren.

Dass mit dem Ende des Krieges auch die junge Geschichte des Werkes nicht endete, ist glücklichen Umständen der frühen Nachkriegszeit zu verdanken. Ab Mitte Juni 1945 war die britische Militärregierung in der britischen Besatzungszone zuständig für das Werk und der erste „Käfer“ von der „Wolfsburg Motor Works“ produziert. Die Weichen für die Zukunft des Volkswagenwerkes stellte Major Ivan Hirst zusammen mit einem deutschen Management.

Untrennbar von der Geschichte des VW-Werkes ist die Geschichte der Stadt Wolfsburg. Denn mit dem Bau des Werkes wurde am Südufer des Mittellandkanals die „Stadt des KdF-Wagens“ geplant. Bis zum Kriegsende wurden nur wenige Bereiche der neuen Stadt umgesetzt, die nach Kriegsende in Wolfsburg umbenannt worden ist.