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Warenhauskette Der Poker um Kaufhof hat begonnen

Karstadt-Eigentümer Signa bietet angeblich drei Milliarden Euro zur Übernahme der Warenhauskette. Dies hätte weitreichende Folgen.

03.11.2017, 05:33

Köln (dpa) l Der österreichische Karstadt-Eigentümer René Benko hat offiziell ein Angebot für den Rivalen Kaufhof vorgelegt. Hätte er damit Erfolg, würde sich die deutsche Warenhauslandschaft wohl grundlegend verändern. Fragen und Antworten zum Warenhaus-Poker.

Warum will René Benko eigentlich Kaufhof kaufen?
Die Übernahme von Kaufhof durch Karstadt würde den Schlusspunkt in der Konsolidierung der deutschen Warenhauslandschaft setzen. Wo einst Karstadt, Kaufhof, Hertie, Horten und Co. um die Kundengunst kämpften, bliebe nur noch ein Platzhirsch übrig. Er hätte vielleicht bessere Chancen, sich gegen die Konkurrenz aus dem Internet, gegen moderne Einkaufscenter, gegen H&M und Primark zu behaupten. „Es ist das Beste, was die schwächelnden Kaufhäuser noch machen können“, meint Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein.

Wie sieht Benkos Angebot aus?
Die Signa-Holding von René Benko bietet nach dpa-Informationen rund drei Milliarden Euro für das deutsche Warenhausgeschäft von Kaufhof und andere Immobilien. Der Löwenanteil des Kaufpreises dürfte dabei nicht auf die Warenhauskette, sondern auf die Immobilien in wertvollen Innenstadtlagen entfallen. Der kanadische Kaufhof-Eigentümer HBC hatte 2015 die Warenhauskette der Metro für 2,8 Milliarden Euro abgekauft. Wie belastbar das Angebot ist, ist allerdings umstritten.

Kann Benko einen solchen Kaufpreis bezahlen?
Darüber kann man nur spekulieren, da Benkos Signa-Holding kaum Zahlen veröffentlicht. Allerdings hat die Immobilien-Tochter Signa Prime erst Anfang Oktober ihr Eigenkapital um eine Milliarde Euro erhöht, um Spielraum für Zukäufe zu gewinnen. Einiges Geld ist also vorhanden.

Will HBC denn Kaufhof überhaupt verkaufen?
Offiziell hat der kanadische Eigentümer HBC bislang stets alle Verkaufsabsichten bestritten.

Was könnte HBC-Chef Richard Baker veranlassen, seine Meinung zu ändern?
Die schlechte Lage des Konzerns und der Druck der Aktionäre. Der kanadische Konzern steckt in einer tiefen Krise. Die Geschäfte in Nordamerika laufen schlecht. Und auch das 2015 mit großen Hoffnungen gestartete Europa-Geschäft hat die Erwartungen nicht erfüllt.

Was würde ein Verkauf für die Beschäftigten bedeuten?
Würden Kaufhof und Karstadt zusammengelegt, wären wohl eine Konzernzentrale und die damit verbundenen Jobs überflüssig. Und auch bei den Kaufhäusern könnte es Schließungen geben – insbesondere dann, wenn Karstadt- und Kaufhof-Filialen in Sichtweite voneinander liegen.

Wie viele Warenhäuser sind bedroht?
Viele. Joachim Stumpf von der Handelsberatung BBE geht davon aus, dass etwa jedes dritte der derzeit noch rund 180 deutschen Warenhäuser früher oder später vor dem Aus steht. Käme ein Zusammenschluss, würde sich diese Entwicklung durch den schnelleren Wegfall von Doppelstandorten beschleunigen. Käme er nicht, wäre die Entwicklung auch nicht aufzuhalten, meint er. Bedroht seien vor allem Warenhäuser in Klein- und Mittelstädten. Heinemann hält sogar rund die Hälfte der Filialen auf die Dauer für nicht überlebensfähig.

Wäre durch einen Zusammenschluss die Zukunft des verbliebenen Konzerns gesichert?
Das ist angesichts des boomenden Online-Handels und sinkender Kundenfrequenzen in den Innenstädten umstritten. Für Heinemann sind die Warenhäuser „sterbende Dinosaurier“. Ein Zusammenschluss sei zwar das Beste, was die Unternehmen aktuell machen könnten, doch werde er letztlich nur das Siechtum verlängern.