Welttag des Ei Ei, wie billig

Das Ei widersetzt sich den Gesetzen der Marktwirtschaft: Seit 1950 ist der Preis für ein Ei praktisch nicht gestiegen.

Von Anne Toss 14.10.2016, 08:14

Magdeburg/Welbsleben l Das Ei ist aus der Küche nicht mehr wegzudenken. Tagtäglich wird in Deutschland eine zweistellige Millionenzahl an Eiern verspeist – ob Frühstücksei, Rührei, Spiegelei, im Kuchen, im Salat oder sogar roh. Und obwohl Deutschlands Legehennen 2015 insgesamt 12,9 Milliarden Eier für den Verbraucher produzierten, reichte das nicht aus, um den Appetit zu sättigen: „Der Selbstversorgungsgrad in Deutschland liegt lediglich bei 70 Prozent“, sagt Fachfrau Margit Beck, Deutschlands führende Expertin für den Eierkonsum. Sie beobachtet für die „Marktinfo Eier & Geflügel“ die Branche.

Auch in Sachsen-Anhalt spielt das Ei eine wichtige Rolle. Hier gibt es rund 1,96 Millionen Legehennen und 33 Betriebe, die mindestens 3000 Legehennen im Bestand haben, sagt Hartmut Lohse, Vorstandsmitglied des Wirtschaftsverbands Eier und Geflügel Sachsen-Anhalt.

Doch das Ei-Geschäft ist laut Lohse auch ein knappes. „In der heutigen Discount-Zeit wird hart kalkuliert. Eierwirten stehen insbesondere fünf große Händler gegenüber: Aldi, Lidl, Edeka, Metro und Rewe.“ Wenn diese den Preis senken, seien die Legehennenhalter gezwungen, ihre Produktionskosten ebenfalls zu senken, um mithalten zu können.

Apropos Eierpreis – dieser ist seit Jahrzehnten stabil; ungeachtet des Strukturwandels in der Landwirtschaft, der veränderten Ernährungsgewohnheiten, der modernen Vertriebswege. „Das stimmt, der Preis verändert sich kaum“, bestätigt Hartmut Lohse. Laut ihm verharrt dieser auch deshalb auf niedrigem Niveau, weil man das Angebot nicht einschränken kann: „Sie haben Hühner und die legen Eier. Das kann man nicht stoppen.“

Im Jahr 1950 habe ein Ei im Schnitt – von Pfennig umgerechnet – rund 11,2 Cent gekostet, sagt Expertin Beck. 2015 waren es 10,8 Cent, in der ersten Hälfte dieses Jahres stieg der Durchschnittspreis zwar auf 12,8 Cent. Doch war das mutmaßlich ein Einmaleffekt, eine Folge der Vogelgrippe, die im vergangenen Jahr in den USA 40 Millionen Hühner dahinraffte.

Die Verbaucher dürfen sich freuen, denn in der Langfristbetrachtung ist der Kauf eines Eis für sie sehr viel billiger geworden. Der Preis ist weitestgehend stabil, die Einkommen sind aber sehr viel höher als in der Nachkriegszeit.

Im Jahr 1900 gaben die Deutschen nach den Daten des Statistischen Bundesamts mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Lebensmittel aus, heute ist es eher ein Zehntel. 1970 musste ein Arbeitnehmer im Schnitt noch 22 Minuten für einen Karton Eier arbeiten, heute nur vier Minuten.

Die Preisstabilität des Eis hat mutmaßlich mehrere Ursachen. Bis in die 1980er Jahre seien die Erzeugerpreise in der Landwirtschaft in Brüssel reguliert worden und damit stabil geblieben, sagt Michael Lohse, Sprecher des Bauernverbands in Berlin.

Und seither ist die europäische Landwirtschaft dem scharfen Wind des Weltmarkts ausgesetzt. Das hält die Erzeugerpreise generell niedrig. „Die Rohstoffpreise sind in den vergangenen Jahren auf breiter Front zurückgegangen, nicht nur in der Landwirtschaft“, sagt Michael Lohse.

Im Gegensatz zu Eiern sind die meisten Lebensmittel seit 1950 durchaus teurer geworden – aber der Anteil der Gewinne, der auf die Bauern entfällt, ist geschrumpft.