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Wettbewerbsfähigkeit Sachsen-Anhalt besser als sein Ruf

Sachsen-Anhalt ist nach Ansicht des Arbeitgeberverbands wettbewerbsfähiger als dies in vielen Ranglisten zum Ausdruck kommt.

Von Alexander Walter 20.10.2017, 01:01

Magdeburg l Die meisten Patente kommen aus dem Süden Deutschlands. Baden-Württemberg und Bayern stellen zusammen mehr als 60 Prozent der Anmeldungen. Sachsen-Anhalt liegt abgeschlagen zurück. Gerade mal bei 0,5 Prozent lag der Anteil zuletzt. Ähnlich lesen sich andere Wirtschaftsdaten: Ob Wertschöpfung oder Wirtschaftswachstum – fast überall hält Sachsen-Anhalt in bundesweiten Untersuchungen die rote Laterne.

Die Arbeitgeber im Land machen solche Zahlen schon länger stutzig. „Sie passen nicht zu unserer Wahrnehmung“, sagt Präsident Klemens Gutmann. Der Dachverband AWSA gab daher eine Studie beim Institut für Mittelstands- und Regionalentwicklung (Imreg) in Auftrag. Vorgabe: Eine Untersuchung von Wirtschaftsdaten, die die Struktur der Industrieunternehmen im Land berücksichtigt. Die Ergebnisse, die am Donnerstag in Magdeburg vorgestellt wurden, sind überraschend. Denn sie decken sich zumindest in Teilen nicht mit der bisherigen Wahrnehmung.

Beispiel: Produktivität. Hier liegt das Land insgesamt nur bei 78 Prozent des Bundesschnitts. Der Grund aber ist banal: Große Konzerne wie Automobilhersteller produzieren mehr als kleine, in Sachsen-Anhalt gibt es von den Großen wiederum nur wenige, sagt Imreg-Geschäftsführer Lars Krömer. Will man die kleinteilige Betriebsstruktur berücksichtigen, eigne sich der Umsatz je Beschäftigtem besser als Indikator. Und hier liegt das Land mit 102 Prozent sogar leicht über dem Bundesschnitt. 

Besonders gut schneiden bei diesem Indikator die wenigen großen Firmen im Land ab. Aber auch in mittelgroßen Betrieben erwirtschaften die Mitarbeiter mehr Umsatz als der Bundesdurchschnitt.

Bei der Forschung und Entwicklung (FuE) liegt das Land dagegen tatsächlich zurück. Auch das hat laut Studie aber strukturelle Gründe: FuE-Aktivitäten konzentrieren sich in Deutschland auf wenige Branchen, Konzerne und Standorte. Ein Beispiel ist die Autoindustrie. Die sitzt überwiegend im Westen.

In Sachsen-Anhalt dagegen sind große Firmen – wo es sie gibt – meist abhängige Standorte der Zentralen in den alten Ländern. Es wird viel produziert, aber kaum geforscht. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen investieren im Rahmen ihrer Möglicheiten derweil sehr wohl in Forschung. Hier liegt der Anteil des FuE-Personals etwa auf Bundesniveau.

 „Wir dürfen nicht immer Äpfel mit Birnen vergleichen“, sagt Klemens Gutmann zu den Zahlen.  „Werden strukturell vergleichbare Unternehmenseinheiten gegenübergestellt, wird deutlich, dass Sachsen-Anhalts Industriefirmen wettbewerbsfähig aufgestellt sind.“

Um die Wirtschaft zu stärken und langfristig eigene Leuchttürme entstehen zu lassen, fordert der Arbeitgeberpräsident zugleich bessere Rahmenbedingungen:  Startup-Firmen sollten bei der Finanzierung unterstützt werden. Mittelständler sollten zudem leichter Fördergeld für FuE-Aktivitäten erhalten. Wichtig ist Gutmann zudem das Thema Bildung. Vor allem in naturwissenschaftlich-technischen (MINT-)Fächern brauche es gut ausgebildeten Nachwuchs. Hier stellt der Arbeitgeberpräsident dem Land ein schlechtes Zeugnis aus: Es gebe zu wenige MINT-Lehrer. „Schon vor acht Jahren hätten wir uns darum kümmern müssen.“ Jetzt gelte es, wenigstens für die Zukunft vorzusorgen.