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Cool oder praktisch? Was aktuelle Smartwatches wirklich können

Das kannte man bisher nur aus Agentenfilmen: Telefonieren über die Armbanduhr. Smartwatches machen diesen Luxus möglich. Doch der Grat zwischen Spielerei und nützlichem Hilfsmittel ist bei einer Smartwatch schmal.

Von Jochen Wieloch, dpa 08.12.2016, 04:00

München (dpa/tmn) - Es ist nur ein paar Monate her, da prognostizierten Experten der Smartwatch eine rosige Zukunft. Die cleveren Armbanduhren galten als ultimative Technik-Gadgets, die ähnlich wie Smartphones und Tablets den Markt nachhaltig verändern sollten - ein Must-have, nicht nur für Technik-Fans.

Doch die Absatzzahlen für das dritte Quartal 2016 sind ernüchternd. Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens IDC brachen die Verkäufe von 5,6 Millionen im gleichen Vorjahreszeitraum auf 2,7 Millionen Geräte ein. Das entspricht einem Minus von knapp 52 Prozent.

"Ihre Zeit ist noch nicht reif", hatte die "Stiftung Warentest" bereits im Oktober 2015 getitelt und unter anderem die starke Smartphone-Abhängigkeit vieler Uhren bemängelt. Weitere Kritikpunkte waren kurze Akkulaufzeiten und die teils wenig intuitive Bedienung.

Nicht von Kinderkrankheiten, sondern von fehlenden Features bei Smartwatches spricht Lisa Brack, Chefredakteurin Test und Kaufberatung bei "Chip". "Nur bei wenigen Funktionen kann man das Handy quasi daheimlassen, etwa beim Joggen, wenn die Smartwatch einen eigenen GPS-Sensor hat. Oder beim Schwimmen, sofern die Smartwatch nicht nur wasserfest, sondern auch -dicht ist." Beide Features seien mittlerweile Standard. Einige Modelle verfügen zusätzlich über ein Barometer und einen Höhenmesser.

Brack zufolge lohnt sich eine Smartwatch für "technikbegeisterte Menschen - insbesondere diejenigen, die laufend informiert werden möchten, was auf ihrem Handy los ist. Und natürlich für Sportler, die ihre Bewegungen tracken möchten". So ist es möglich, unter anderem die zurückgelegte Strecke und verbrauchte Kalorien sowie durchschnittliche und maximale Geschwindigkeiten abzurufen. Wer die Smartwatch für sportliche Aktivitäten nutzen will, sollte auf einen Pulsmesser achten. Fahrradfahrer können die Uhren als Navi nutzen. Außerdem eignen sich die Geräte für soziale Netzwerke und Messaging mit Facebook und WhatsApp sowie für Kalendererinnerungen.

Smartwatches lassen sich in zwei Gruppen einteilen: "Es gibt Modelle mit und ohne eigene Sim-Karte", sagt Markus Mizgalski von "PC-Welt". Modelle mit Sim sind eigenständig, wie ein Smartphone-Ersatz am Handgelenk. Ohne Sim muss über Bluetooth eine Verbindung zum Handy hergestellt werden, was die Flexibilität deutlich einschränkt.

"Übrigens ist der Preis einer Uhr kein Indikator dafür, zu welcher Gruppe sie gehört", sagt Mizgalski. Als Beispiel führt er die TAG Heuer Connected auf: Mit rund 1500 Euro liegt sie in der Oberklasse der smarten Zeitanzeiger, ist aber auf ein Smartphone angewiesen.

Zu den Uhren mit eigenem Sim-Karten-Slot gehören unter anderem die Modelle Samsung Gear S, LG Watch Urbane, Enox WSP88 und Omate True Smart. Laut Mizgalski sind das im Prinzip Android-Smartphones, die auf Handgelenk-Format gebracht wurden. "Für den Betrieb bedeutet dies, dass man entweder das Telefon durch die Uhr ablösen muss, oder aber eine Zweitkarte mit identischer Rufnummer beantragt, will man auch auf der Uhr unter der gewohnten Nummer erreichbar sein."

Alle diese Uhren haben das Betriebssystem Android Wear. Das nutzen auch höherwertige Smartwatches ohne Sim wie Motorola Moto 360 oder Sony Smartwatch 3. "Während die populären Pebble-Watches durchaus die Installation vieler Apps zulassen, sind nahezu alle Uhren aus dem unteren Preissegment hier extrem limitiert", sagt Mizgalski.

Apple hat mittlerweile drei technisch unterschiedliche Modelle seiner Apple Watch im Portfolio. Die neueste Apple Watch Series 2 bringt GPS, ein helleres Display und ein wasserdichtes Gehäuse mit. Um den vollen Funktionsumfang zu nutzen, muss die Apple-Uhr jedoch mit einem iPhone gekoppelt sein. Zum Telefonieren ist kein Bluetooth-Headset erforderlich, Lautsprecher und Mikrofon sind integriert.

Bei den anfänglichen Akku-Problemen haben viele Hersteller inzwischen nachgebessert. "Die Apple Watch Series 2 liefert mittlerweile eine doppelt so lange Laufzeit wie die erste Apple Watch", sagt Lisa Brack. "In der Regel kann man davon ausgehen, seine Uhr alle zwei bis spätestens drei Tage zu laden."

Ihr Kollege Markus Mizgalski empfiehlt, sich vor dem Kauf einer Smartwatch unbedingt genau zu überlegen, wofür man diese benötigt. Sein Fazit: "Die günstigen Modelle sind eine bessere Mischung aus Freisprechanlage und Fernbedienung für das Smartphone, die teureren Exemplare lassen sich ausgedehnter konfigurieren und auch bis tief ins System hinein modifizieren."

Smartwatches haben mittlerweile ihre Kinderkrankheiten wie unzureichende Akkulaufzeiten überwunden - sie lohnen sich jedoch nicht unbedingt für jeden. Foto: Florian Schuh
Smartwatches haben mittlerweile ihre Kinderkrankheiten wie unzureichende Akkulaufzeiten überwunden - sie lohnen sich jedoch nicht unbedingt für jeden. Foto: Florian Schuh
dpa-tmn
Vor allem für Sportler kann sich eine Smartwatch lohnen. Sie trackt je nach Ausstattung zurückgelegte Distanzen, verbrauchte Kalorien und den Herzschlag. Foto: Christin Klose
Vor allem für Sportler kann sich eine Smartwatch lohnen. Sie trackt je nach Ausstattung zurückgelegte Distanzen, verbrauchte Kalorien und den Herzschlag. Foto: Christin Klose
dpa-tmn
Samsungs Smartwatch Gear S3 lässt sich vom Nutzer anpassen. Handelsübliche 22-Millimeter-Uhrenarmbänder passen an die Uhr, das Ziffernblatt kann nach Wunsch verändert werden. Foto: Till Simon Nagel
Samsungs Smartwatch Gear S3 lässt sich vom Nutzer anpassen. Handelsübliche 22-Millimeter-Uhrenarmbänder passen an die Uhr, das Ziffernblatt kann nach Wunsch verändert werden. Foto: Till Simon Nagel
dpa-tmn
Die Pebble Watch hat als Betriebssystem kein Android Wear an Bord. Mit einem Android-Smartphone arbeitet sie trotzdem gut zusammen. Foto: Andrea Warnecke
Die Pebble Watch hat als Betriebssystem kein Android Wear an Bord. Mit einem Android-Smartphone arbeitet sie trotzdem gut zusammen. Foto: Andrea Warnecke
dpa-tmn