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"Buch der Narren" Historische Telefonverzeichnisse durchforsten

Telefonbuch. Ein Begriff, bei dem viele heute die Nase rümpfen oder mit den Schultern zucken. Hauptsache nicht drin stehen, lautet meist die Devise. Das war nicht immer so.

17.11.2020, 03:15

Berlin (dpa/tmn) - Das Telefonbuch hieß nicht immer Telefonbuch. Als "Verzeichniss der bei der Fernsprecheinrichtung Betheiligten" kam etwa das erste Berliner Telefonbuch im Jahr 1881 heraus - mit sage und schreibe 185 Einträgen auf 37 Seiten. Es war zugleich das erste Telefonbuch Deutschlands.

Darin zu finden: meist Kaufleute, Banken, Hotels und Firmen von der Ammoniakfabrik bis hin zur Gardinen-Waschanstalt. Auch die Börse hing natürlich am Draht. Privatleute musste man mit der Lupe suchen. Am Fernsprecher ging es anno 1881 vornehmlich um Geschäftliches.

Fernsprecher-Skepsis

Die Berliner Erstausgabe ist eines von knapp 50 historischen Telefonbüchern aus den Jahren 1881 bis 1902, die das Museum für Kommunikation in der Hauptstadt zum Durchblättern und Durchstöbern ins Netz gestellt hat.

Die Skepsis vieler Menschen damals gegenüber der Innovation Fernsprecher äußerte sich im wenig schmeichelhaften Beinamen, den der Volksmund für das Berliner Verzeichnis pflegte: "Buch der Narren".

Was man gleich in den Vorbemerkungen des Nummernheftes erfährt, weil es sich ja nicht um ein modernes Telefonnetz im heutigen Sinne, sondern um eine "Fernsprech-Vermittelungs-Anlage" handelte: Ohne Vermittlungsamt läuft nichts - und die Vermittlung war 1881 noch nicht rund um die Uhr besetzt. Gespräche nur zwischen 8.00 und 21.00 Uhr. Nur im Sommer schaltete das Fräulein vom Amt bereits ab 7.00 Uhr morgens Gespräche zwischen den wenigen Fernsprechern der Stadt.

"Fasse dich kurz"

Und schon hier nimmt das geflügelte "Fasse dich kurz", mit dem Generationen von Telefonierenden gegängelt worden sind, seinen Anfang. "Im gegenseitigen Interesse sämmtlicher Beteiligten ist es dringend erwünscht, die Zeit der Benutzung jeder einzelnen der verlangten Verbindungen abzukürzen", ist ebenfalls in den Vorbemerkungen des allerersten Telefonbuchs Deutschlands zu lesen.

1885 zählte das Fernsprechernetz dann schon mehr als 450 Teilnehmer, 1889 hatte Berlin bereits mehr als 4000 Anschlüsse - mit immer mehr privaten Teilnehmern, im Verzeichnis mit bemerkenswerter Genauigkeit heruntergebrochen. Denn inzwischen fanden längst auch Untermieter oder im Haushalt der Eltern wohnende erwachsene Kinder dort Aufnahme.

VEB-Verzeichnis

Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann bei der Zentral- und Landesbibliothek Berlin weiterstöbern. Die hat ungezählte Berliner Adress-, Telefon- und Branchenbücher aus vielen Jahrgängen zwischen 1707 und 1992 digitalisiert, darunter die DDR-Branchen-Telefonbücher für Ostberlin, herausgegeben vom Zentralamt für Werbung und mit einem Fokus auf - wie sollte es anders sein - volkseigene Betriebe (VEB).

Egal ob beim Kommunikationsmuseum oder bei der Zentralbibliothek: Jedes der digitalisierten Telefonbücher hat ein Inhalts- und Buchstabenverzeichnis sowie eine Übersicht mit Seitenminiaturen. Außerdem ist eine Freitextsuche möglich. Meist lassen sich die Verzeichnisse und Bücher auch im PDF-Format herunterladen.

© dpa-infocom, dpa:201116-99-353158/3

Historische Telefonbücher Berlin 1881 bis 1902

Berliner Adress-, Telefon- und Branchenbücher 1707 bis 1992

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