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EnergieversorgungMoskau hält dagegen

US-Regierung kündigt Sanktionen gegen Nord Stream 2 an / Russisches Schiff "Fortuna" betroffen

19.01.2021, 23:01

Berlin/Washington (dpa) l Russland zeigt sich von der Ankündigung der US-Regierung unbeeindruckt, erstmals ein am Bau von Nord Stream 2 beteiligtes Unternehmen tatsächlich zu bestrafen. Moskau und Nord Stream 2 halten an der Fertigstellung der umstrittenen Gaspipeline in der Ostsee fest. Man beabsichtige, „die kontinuierliche Arbeit an der Fertigstellung dieses Projekts fortzuführen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow gestern.

Von der Projektgesellschaft hieß es, Nord Stream 2 und die beteiligten Unternehmen setzten sich nach wie vor für eine Fertigstellung ein. Man kommentiere mögliche Auswirkungen von Sanktionen nicht.

Laut Bundeswirtschaftsministerium hatte die US-Botschaft in Berlin die Bundesregierung am Montag informiert, dass am gestriten Dienstag konkrete Strafmaßnahmen verkündet werden sollten. Demnach sollen die Strafmaßnahmen das am Pipeline-Bau beteiligte russische Verlegeschiff „Fortuna“ betreffen. Seitens der USA gab es zunächst noch keine offizielle Ankündigung.

Es wäre das erste Mal, dass ein konkretes Unternehmen auf Grundlage der US-Sanktionsgesetze gegen Nord Stream 2 bestraft wird. Bislang dienten diese Gesetze vor allem als wirksame Drohkulisse, durch die der Bau der Pipeline bereits massiv verzögert wurde. So führte etwa schon die Androhung von Strafen dazu, dass die Schweizer Firma Allseas, die mit Spezialschiffen Rohre in der Ostsee verlegt hatte, die Arbeiten Ende 2019 einstellte. Das norwegische Zertifizierungsunternehmen DNV GL bestätigte am Montag den Rückzug aus dem Projekt.

Laut einem Bericht der Bild-Zeitung verabschiedet sich zudem der Industriedienstleister Bilfinger SE aus dem Pipeline-Bau; dabei beruft sich das Blatt auf ihm vorliegende Schreiben des Mannheimer Unternehmens. Ende 2017 hatte Bilfinger den Zuschlag für Leit- und Sicherheitssysteme zum Betrieb der Pipeline zwischen Russland und Deutschland erhalten. Das Auftragsvolumen lag bei mehr als 15 Millionen Euro. Außerdem war Bilfinger verantwortlich für den Bau einer Wärmezentrale zur Vorwärmung von Erdgas am Anlandepunkt in Lubmin.

Die USA laufen Sturm gegen die Gas-Pipeline, weil sie eine zu große Abhängigkeit ihrer Partner in Europa von Russland sehen. Unterstützt werden sie von osteuropäischen Staaten wie Polen und den baltischen Ländern. Kritiker werfen den USA dagegen vor, nur ihr Flüssiggas in Europa besser verkaufen zu wollen.

Oliver Hermes, Vorsitzender des Ost-Ausschusses, sagte, die nun angekündigten US-Sanktionen während der letzten Amtstage der Trump-Administration kämen nicht überraschend. Die Sanktionen seien nichts anderes als „Bevormundung wichtiger Verbündeter durch die USA im Stil von „America First““. Die EU sei erwachsen genug, ihre Energiepolitik selbst zu bestimmen.

Der Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses, Klaus Ernst (Linke) betonte, er gehe davon aus, dass die Sanktionen nicht die beabsichtigte Wirkung haben werden. Er forderte Gegenmaßnahmen wie Strafzölle auf US-Gasimporte.

Nach Angaben des russischen Energiekonzerns Gazprom als Hauptinvestor von Nord Stream 2 sind 94 Prozent der Pipeline fertiggestellt. Sie besteht aus zwei Leitungssträngen mit einer Länge von jeweils rund 1230 Kilometern und soll künftig jedes Jahr zusätzlich 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland befördern.

Wegen der drohenden US-Sanktionen war das Milliardenprojekt Ende 2019 kurz vor der Fertigstellung gestoppt worden. Im vergangenen Monat wurden die Bauarbeiten wieder aufgenommen.

Indes wurde die umstrittene Umweltstiftung des Landes Mecklenburg-Vorpommern nach Angaben der Regierung gegründet. Die Stiftungsaufsicht im Justizministerium habe die Rechtsfähigkeit anerkannt, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Energieminister Christian Pegel (SPD). „Damit ist die Stiftung gegründet und hat jetzt ihr eigenes Leben.“

Die Stiftung, die zum großen Teil durch den russischen Energiekonzern Gazprom finanziert wird, hat den vordergründigen Zweck, US-Sanktionen gegen beteiligte Firmen zu verhindern. So ist geplant, durch die Stiftung Bauteile und Maschinen zu kaufen, die für die Fertigstellung der Gasleitung unerlässlich sind.