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Rote Rosen Brigitte Antonius genießt Dreharbeiten: "Keine Corona-Angst"

Brigitte Antonius gilt als das Urgestein der "Roten Rosen". Seit 14 Jahren ist sie am Set in Lüneburg dabei. Die Corona-Pause gefiel der 87-Jährigen gar nicht. Nun darf sie wieder vor die Kamera.

Von Britta Körber (Text) und Philipp Schulze (Foto), dpa 23.11.2020, 11:44
Philipp Schulze
Philipp Schulze dpa

Lüneburg (dpa) - Die Treppe von ihrer kleinen Fernseh-Wohnung steigt Brigitte Antonius alias Johanna Jansen in ihrem apricotfarbenen Kostüm mit Schwung herunter.

Die 87-Jährige mit der markanten grauen Strähne im rötlichen Haar scherzt mit Kollegen und holt sich in der Kantine in dem großen Bürokomplex am Rande Lüneburgs Marmeladenbrötchen und Kaffee nach ihrem morgendlichen Dreh. Der Wecker geht um 5.30 Uhr an diesem kalten Herbstmorgen, ein Taxi holt sie mit ihrem Pekinesen Pinki von ihrem Apartment zur Arbeit ab.

Im reifen Seniorenalter trauen sich viele Menschen in Corona-Zeiten kaum noch auf die Straße. Nicht so die Grande Dame der Telenovela "Rote Rosen" im Ersten, die nach monatelanger Isolation in ihrer Heimat am Set der Hansestadt geradezu auflebt.

"Die Arbeit hält fit. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass man sich nur ausruhen soll. Das kann ich in meinem bereits bezahlten Grab in Österreich tun", sagt Antonius beim Abstandsgespräch im dauergelüfteten Aufenthaltsraum der Schauspieler.

Seit 14 Jahren ist sie bei der Nachmittagsserie dabei, inzwischen läuft die 18. "Rosen"-Staffel. "Die Leute meiner Altersklasse sterben wie die Fliegen weg, aber es gibt keine Sicherheit. Ich habe überhaupt keine Angst", betont die kleine, forsche Frau. "Durch die Isolation wird nix besser, sie sterben trotzdem. Und psychische Vereinsamung schädigt die Menschen." Leichtfertig sei sie aber nicht im Umgang mit den Regeln in der Pandemie.

"Das ist tapfer", sagt Bernhard Möllmann, Pressesprecher Programmdirektion der ARD, über die couragierte Haltung von Antonius. "Das ist aber auch eine vorbildliche Serie, es wurden ganz früh Vorsorgemaßnahmen getroffen." Zudem werde viel getestet, besonders vor Szenen, in denen sich die Protagonisten näher kommen. Die Maskenbildner dürfen derzeit zwar schminken und frisieren, drehfertig machten sich die Akteure aber selbst. So habe bisher ein Corona-Fall vermieden werden können. Die Rosen mussten vom 23. März an nur für fünf Wochen pausieren.

Antonius hat volles Verständnis für alle Einschränkungen: "Besser 'Rote Rosen' mit Abstand als gar nicht." Mit den politischen Entscheidungen in Deutschland und der Rolle der Kanzlerin ist sie in der Krise einverstanden. "Ich liebe und bewundere Angela Merkel."

Sechs Monate, in denen sie seit dem Frühjahr coronabedingt nicht drehen durfte, habe sie ein gemütliches Leben mit Pendelei zwischen Wien und dem Burgenland gehabt, wo sie zuhause ist. "Ich kann sehr gut allein sein", betont die Österreicherin mit dem charmanten Akzent. In der Heimat leben ihre Schwester und Freunde der Schauspielerin, die lange am Burgtheater in Wien spielte. Gassigehen war in der schweren Zeit wie eine Therapie - den 15 Jahre alten Pinki nahm sie einst vereinsamt und krank an einer Tankstelle auf und bangt nun nach einem Herzfehler und jahrelanger Medikation um sein Leben.

Der kleine Gefährte ist stets bei ihr, auch wenn sie in ihrem Mini-Pkw durch Lüneburg fährt. Zu Beginn des Lockdowns im Frühjahr bot sie selbst seelsorgerische Hilfe per Telefon an, inzwischen geht die Protestantin selbst wieder in die Kirche. "Das gefällt mir so gut am Norden, dass er evangelisch ist."

Zwei- bis dreimal jährlich traf sie sich mit ihrem Fanclub, servierte süße Naschereien aus Österreich. Das geht in diesem Jahr nicht. "Aber ich werde ständig angesprochen", erzählt die vielen Zuschauern bekannte Besitzerin des Rosenhauses. Während die Hauptdarstellerinnen der oftmals in Beziehungsfragen verschlungenen Serie turnusmäßig nach 200 Folgen abgelöst werden, ist Antonius immer dabei gewesen.

Einen richtigen Schreck bekam sie aber, als ein Jugendfreund sie in Österreich anrief, weil er gelesen hatte, sie sei gestorben. Auf Youtube war im Sommer verbreitet worden, dass Antonius nicht nur pausiere, sondern tot sei. "Das war eine besondere Sauerei, ich habe eine Anzeige gemacht", erzählt sie. Bis auf eine neue Hüfte ist die quirlige Frau gesund.

"Ich habe sogar einen Demenztest gemacht. Es hat mich interessiert." Das Ergebnis sei brillant gewesen. Große Pläne hat die Vielgereiste, die mit einem Ein-Frau-Stück früher durch die USA, Kanada und Guatemala gezogen ist und mit einem Heimatbegriff fremdelt, nicht mehr. "Ich leb sehr gern, aber ich denke nicht an die Zukunft, ich freue mich des Tages. Alles andere ist verlorene Zeit."

© dpa-infocom, dpa:201123-99-429420/3

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