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Dauerbrenner Fahndungssendung "Kripo live" feiert 30 Jahre

Seit 30 Jahren bittet die Polizei in der Fernsehsendung "Kripo live" um Hinweise zu Verbrechen und Vermissten. Bleibt das auch so, wenn die Ermittler auf Social Media immer aktiver werden?

Von Birgit Zimmermann, dpa 03.06.2020, 11:09

Leipzig (dpa) - Tresordiebstahl, Kabelklau, Tierquälerei, aber auch Vermisstenfälle und Kapitalverbrechen - wer am Sonntagabend kurz vor dem "Tatort" auf den MDR schaltet, bekommt die ganze Bandbreite der Kriminalität zu sehen.

Allerdings geht es in der Sendung "Kripo live" nicht um erfundene Geschichten, sondern um die Realität. Die Polizei nutzt die Fernsehsendung zur Öffentlichkeitsfahndung. Das Konzept ist ein Dauerbrenner im TV: "Kripo live" ist inzwischen 30 Jahre alt.

Ungefähr 8000 ungelöste Fälle wurden nach Angaben des MDR bisher in "Kripo live" präsentiert. Neben klassischen Berichten werden Verbrechen in der Sendung auch szenisch nachgestellt, oft wird an Originalschauplätzen mit Statisten gedreht. "Das machen wir, damit sich Zeugen erinnern können. Diesen Aha-Effekt durch die authentische Darstellungen gibt es", sagt MDR-Redaktionsleiter Achim Schöbel.

Rund eine Million Menschen schalten laut Schöbel jeden Sonntag ein, wenn es heißt: "Wenn Sie Hinweise haben, die mit der Tat in Verbindung stehen könnten, wenden Sie sich bitte an die Kripo..." Der Erfolg gebe den Machern recht. "Wir führen dazu keine Strichliste. Aber es ist eine grobe Schätzung, dass ein bis zwei Fälle pro Monat dadurch aufgeklärt werden."

Dass die Fernsehfahndung funktioniert, bestätigt auch Olaf Hoppe, Sprecher der Polizeidirektion Leipzig: "'Kripo live' ist ein Fahndungsformat, das zum Erfolg führt." Dabei sei die Öffentlichkeitsfahndung immer "das letzte Mittel". Erst wenn die Polizei alle anderen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft habe, könne sie den Schritt an die Öffentlichkeit gehen. Dazu ist ein richterlicher Beschluss nötig.

Die Fernsehfahndung in Zusammenarbeit mit der Polizei ist noch älter als "Kripo live". Schon seit 1967 läuft im ZDF "Aktenzeichen XY... ungelöst", der Vorreiter der Fahndungssendungen. Die Idee stammte vom Moderator und Journalisten Eduard Zimmermann. Im Mai 1990 nahm dann in der ausgehenden DDR der Deutsche Fernsehfunk (DFF) "Kripo live" ins Programm. "Soweit ich weiß, war es das Ansinnen damals, ein solches Format für den DFF zu entwickeln, weil es in Ostdeutschland eine solche Fahndungssendung nicht gab. Das war ein weißer Fleck", sagt Schöbel. 1992 übernahm der neugegründete MDR die Sendung.

Bevor die Polizei ins Fernsehen geht, werde überlegt, ob das was für den Fall bringe, sagt Polizeisprecher Hoppe. Außerdem gingen die Ermittler "zielgruppenorientiert" vor. Zum einen räumlich: Wenn sich ein Fall in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen ereignet hat, könne es sinnvoll sein, zum MDR zu gehen. Zum anderen überlege die Polizei, was ein Auftritt in der Sendung beim eher höheren Alter der Fernsehzuschauer bringen könnte. "Ein Fall, der in einem Club oder eine Disco spielt, kommt nicht automatisch für 'Kripo live' in Frage", sagt Hoppe.

Die Polizei sei auch nicht mehr so abhängig wie früher von den klassischen Medien. "Wir haben reichweitenstarke Social-Media-Kanäle und eigene Internetseiten, die wir nutzen", sagte Hoppe. Die seien aber keine Konkurrenz zu "Kripo live" und würden die Sendung auch nicht ersetzen. "Fernsehfahndung hat immer eine hohe Wichtigkeit. Und die Polizei wird kein Fernsehen machen."

Auch Redaktionsleiter Schöbel bleibt mit Blick auf die Zukunft von "Kripo live" gelassen. "Ich glaube, das Format wird ewig laufen", sagte er. "Twitter und Facebook sind für die Polizei gute Kanäle, um Gefahrenmeldungen abzusetzen, wie etwa beim Terroranschlag von Halle. Aber es sind eben nicht alle bei Twitter und Facebook. Ich sehe keinen Trend, dass die Polizei nicht mehr zu uns käme."

© dpa-infocom, dpa:200602-99-273310/3