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RTL-Chefmoderator Peter Kloeppel: "Die Menschen suchen Orientierung"

Kein Anchorman im deutschen Fernsehen kann da mithalten: Peter Kloeppel ist seit einem Vierteljahrhundert Chefmoderator der Nachrichtensendung "RTL aktuell". Und hat vor der Kamera schon einiges erlebt.

Von Interview: Carsten Rave, dpa 29.03.2017, 22:59

Berlin (dpa) - Die sozialen Netzwerke versteht RTL-Anchorman Peter Kloeppel (58) keineswegs als Gegner des klassischen Fernsehens. "Dass wir in einer gewissen Konkurrenz zu den Informationen aus sozialen Netzwerken stehen, ist unbestritten", sagte Kloeppel in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

"Aber genau darin liegt auch unsere Chance! Denn die Zuschauer schalten weiterhin bewusst Nachrichtensendungen ein, um sich einen Überblick zu verschaffen." An diesem Donnerstag (30. März) ist er seit genau 25 Jahren Chefmoderator der Hauptnachrichtensendung "RTL aktuell" - so lange wie kein anderer derzeit amtierender deutscher Anchorman.

Frage: 25 Jahre RTL-Chefmoderator - hat ein anderes System (ARD, ZDF oder ein privates) nicht mal in der Zeit mit einem Bündel Scheinchen gewunken ?

Antwort: Nein, und ich habe es ehrlich gesagt auch weder erwartet noch erhofft.

Frage: Liegt es nicht hauptsächlich an Ihnen, dass sich neben "Tagesschau" und "heute" nur "RTL aktuell" als ernstzunehmende Konkurrenz aus dem Privat-TV etabliert hat?

Antwort: Beileibe nicht! Unser Erfolg liegt vor allem in der Tatsache begründet, dass die Mediengruppe RTL die Nachrichten schon immer ernst genommen und gefördert hat. Nur so konnten wir eine redaktionelle und technische Infrastruktur aufbauen, die im Privat-TV europaweit ziemlich einzigartig ist. Und: Die Philosophie von RTL war immer, neben den Inhalten auch auf eine Kontinuität bei den Köpfen zu setzen – und da bin ich nur einer von vielen.

Frage: Werden die Fernsehnachrichten klassischer Prägung, für die Sie ja als Anchor stehen, eines Tages durch den Nachrichtenkonsum in den sozialen Netzwerken weggefressen und an Bedeutung verlieren ?

Antwort: Dass wir in einer gewissen Konkurrenz zu den Informationen aus sozialen Netzwerken stehen, ist unbestritten. Aber genau darin liegt auch unsere Chance! Denn die Zuschauer schalten weiterhin bewusst Nachrichtensendungen ein, um sich einen Überblick zu verschaffen. Sie erwarten eine Einordnung der Themen des Tages und eine verlässliche, neutrale Bewertung. Die müssen wir ihnen bieten und müssen damit auch richtig liegen; wir können nicht immer die ersten sein, die informieren, aber wir müssen die besten sein.

Frage: Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Auftritt als Chefmoderator, was passierte da?

Antwort: Ich erinnere mich vor allem an meine extreme Nervosität, mir ging es wirklich nicht gut an diesem Tag. Für den Moderator einer Hauptnachrichtensendung war ich mit 32 noch extrem jung und wusste, im Sender und außerhalb sind viele Augen auf mich gerichtet. Das war schon eine Menge Erwartungsdruck. Details der Sendung sind mir deshalb auch nicht mehr präsent – aber an die Erleichterung, als das Rotlicht ausging, kann ich mich noch gut erinnern.

Frage: Was gehörte neben 11. September 2001 noch zu den emotionalen und damit schwierigen Höhepunkten in Ihrer Moderationskarriere?

Antwort: Es sind vor allem die "Breaking-News-Situationen", in denen wir teilweise über Stunden hinweg ohne Skript und Ablaufplan auf Sendung waren. Anstrengend waren vor allem Wahlsendungen wie zum Beispiel 1998, als Helmut Kohl von Gerhard Schröder abgelöst wurde, aber auch – und davon hatten wir in den vergangenen Jahren ja leider einige – Sondersendungen aufgrund von Terroranschlägen, Flugzeugabstürzen oder Naturkatastrophen. Aber nicht alles war schwierig, es gab auch sehr schöne Momente: Zum Jahrtausendwechsel haben wir 24 Stunden lang immer zur vollen Stunde aus fast jeder Zeitzone live berichtet; 2004 zur EU-Osterweiterung waren wir eine Woche mit der Sendung unterwegs und haben jeden Tag aus einem anderen Land berichtet; und 2008 haben wir anlässlich der Eröffnung der Sommerspiele live aus Peking gesendet.

Frage: Können Sie heute noch dem Nachwuchs ernsthaft raten, sich in den klassischen Nachrichtenjournalismus zu stürzen? Was macht Ihre Tochter zum Beispiel?

Antwort: Gerade in diesen Zeiten von "alternativen Fakten" ist klassischer Nachrichtenjournalismus gefragt wie eh und je. Die Menschen suchen Orientierung, sie erwarten eine professionelle Auswahl und Einordnung von Informationen, die für sie relevant sind – und dafür braucht man gut ausgebildete Journalisten jeden Alters. Unsere Tochter studiert weiterhin, aber auch sie interessiert sich für Journalismus. Schaun wir mal...

Frage: Reine Fiktion: Angenommen, Sie wären wirklich Landwirt geworden - wo stünden Sie heute? Und: wenn Sie mal Rentner sind, würden Sie dann möglicherweise von einer gewissen Landsehnsucht befallen?

Antwort: Ich wäre jetzt wahrscheinlich mittendrin in den Arbeiten zur Frühjahrsbestellung. Die Sonne scheint, die Natur erwacht, die Temperaturen steigen – es gäbe viel Arbeit, aber es würde sicher auch Freude bereiten. Trotzdem glaube ich nicht, dass es mich als Rentner aufs Land zieht, und wenn, dann müsste eine große Stadt in der Nähe sein. Landwirt werde ich aber sicher nicht mehr.

Frage: Wann sind Sie zum letzten Mal einen Marathon gelaufen (und in welcher Zeit)?

Antwort: Der (aller-)letzte Marathon war im November 2014 in New York; sehr schwierige Bedingungen mit niedrigen Temperaturen und starkem, eisigen Wind. Finisher-Zeit 5 Stunden 4 Minuten – das war leider kein Spaßlauf. Auch deshalb habe ich die Marathon-Karriere an den Nagel gehängt...

ZUR PERSON: Peter Kloeppel, geboren am 14. Oktober 1958 in Frankfurt (Main) und ausgebildeter Agraringenieur, ist als Nachfolger von Hans Meiser seit nunmehr 25 Jahren Chefmoderator der Nachrichtensendung "RTL aktuell" und damit der erfahrenste Anchorman im deutschen Fernsehen. Bis 2014 war er auch Chefredakteur des Kölner Senders. Kloeppels Frau Carol stammt aus dem US-Bundesstaat Minnesota. Sie haben eine Tochter.