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TV-Tipp Lindenstraße

Die "Lindenstraße" baut traditionell aktuelle Themen in ihre Folgen ein. Auch bei der Bundestagswahl am Sonntag wird es so aussehen, als ob die Bewohner live die Hochrechnungen kommentieren.

Von Petra Albers, dpa 23.09.2017, 23:01

Köln (dpa) - Wenn es am Abend der Bundestagswahl spannend wird, ist die "Lindenstraße" ganz nah an der Realität: Dann schauen Mutter Beimer & Co. gebannt auf den Fernseher und kommentieren die aktuellen Ergebnisse.

Doch Schauspielerin Marie-Luise Marjan (77) und die anderen Bewohner der ARD-Serie werden am Sonntagabend keineswegs tatsächlich in den "Lindenstraße"-Studios in Köln-Bocklemünd sitzen und live auf den Wahlausgang reagieren. Stattdessen haben die Macher in den vergangenen Tagen verschiedene denkbare Szenarien gedreht und werden die passende Episode am 24. September kurzfristig in die ansonsten längst fertige Folge einfügen.

Drei Varianten seien vorbereitet worden, erläutert der verantwortliche WDR-Redakteur Götz Schmedes. "Wir haben uns bei der Produktion auf die jüngsten Wahlumfragen gestützt und hoffen natürlich, dass wir am Ende so konkret wie möglich und so vage wie nötig sind." Das Wahlergebnis wird in einem Gespräch zwischen Helga Beimer (Marjan), ihrem Ex-Mann Hans (Joachim Hermann Luger), Sohnemann Klaus (Moritz Sachs) sowie Gabi Zenker (Andrea Spatzek) diskutiert.

Der Fernseher, auf den die Schauspieler schauen, ist zum Zeitpunkt des Drehtermins in Wirklichkeit schwarz. Erst kurz vor der Ausstrahlung baut die Technik dort die 18.00 Uhr-Wahlprognose ein. "Die Wahl-Szene kommt erst gegen Ende der Sendung, damit möglichst viel Zeit bleibt, um sie einzufügen", sagt Schmedes. Die "Lindenstraße" läuft am Sonntag übrigens nicht wie gewohnt um 18.50 Uhr in der ARD, sondern um 19.45 Uhr beim ARD-Sender One.

Sogenannte Aktualisierungen haben bei der "Lindenstraße" Tradition - nicht nur bei Wahlen. Denn auch wenn die Serie im Laufe ihres 30-jährigen Bestehens Zuschauer verloren hat, auch wenn einstige Aufreger wie der erste Schwulen-Kuss im TV längst Geschichte sind, eines ist der "Lindenstraße" bis heute geblieben: Ihr Ruf, bei politisch oder gesellschaftlich relevanten Themen am Puls der Zeit zu sein.

Das gelingt mit Hilfe kleiner Episoden, die erst kurz vor der Ausstrahlung gedreht und nachträglich in die Folge eingebaut werden. Oft handelt es sich dabei um einen Dialog, in dem sich zwei Bewohner über ein gerade aktuelles Thema unterhalten - seien es umstrittene Äußerungen eines Politikers, Bundestagsentscheidungen oder Naturkatastrophen.

Die erste Aktualisierung zu einer Bundestagswahl gab es nach Angaben einer Sprecherin in Folge 261, am 2. Dezember 1990. Damals spielte die Technik die "Elefantenrunde" ein, kommentiert von Benny Beimer (Christian Kahrmann).

Im Jahr 1998 mischte die "Lindenstraße" sogar in gewisser Weise selbst im Bundestagswahlkampf mit: Die Wohngemeinschaft, die es damals in der Serie gab, stellte den Vietnamesen Gung (Amorn Surangkanjanajai) als alternativen Kanzlerkandidaten zu Helmut Kohl (CDU) und Gerhard Schröder (SPD) auf.

In der Woche vor der Wahl wurden tatsächlich vielerorts in Deutschland "Wählt Gung"-Plakate geklebt - Fiktion und Realität verschränkten sich. "Damit haben wir die beste Form gefunden, um gegen diesen inhaltlosen Wahlkampf zu protestieren", sagte damals Produzent Hans W. Geißendörfer. Bei der Wahl waren dann angeblich sogar eine Reihe Stimmzettel ungültig, weil Wähler darauf den Namen Gung ergänzt und angekreuzt hatten.

Die Lindenstraße-Folge am 24.9. wird nicht um 18.50 Uhr im Ersten, sondern um 19.45 Uhr in ONE ausgestrahlt.