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TV-Tipp München Mord - Einer der's geschafft hat

Das Thema Flucht lässt viele Menschen hierzulande nicht los - erst recht dann nicht, wenn es die eigene Familie betrifft. Davon handelt nun ein bayerischer TV-Krimi.

Von Klaus Braeuer, dpa 17.03.2017, 23:01

Berlin (dpa) - Anfangs ist es ein mysteriöser Einbruch samt Überfall, dann kommt ganz schnell ein Mordversuch dazu. Wie die Kommissare dann ein Geflecht aus Flucht, Vertreibung und Vertuschung aufdecken, das kann man an diesem Samstag (20.15 Uhr) im ZDF verfolgen im fünften Fall von "München Mord" mit dem Titel "Einer der's geschafft hat".

In einer Münchner Villa liegt der Unternehmer Petr Horvath mehr tot als lebendig in einer Blutlache. Was zunächst wie ein Raubüberfall aussieht, entpuppt sich allmählich als Mordversuch - und die Ermittlungen führen das Kommissarsteam Ludwig Schaller (Alexander Held), Harald Neuhauser (Marcus Mittermeier) und Angelika Flierl (Bernadette Heerwagen) bis nach Bayerisch Eisenstein, wo im Wald ein Skelett gefunden wird.

Es geht über die ehemalige deutsch-tschechoslowakische Grenze, wo vor 34 Jahren ein Unfall das Ende für eine Familie auf der Flucht bedeutete. Schaller macht flugs eine Familienaufstellung und watet mit seiner Kollegin sogar durch den wilden und kalten Grenzfluss Großer Regen. Warum der Firmenchef, der zuletzt selbst Hilfslieferungen für Flüchtlinge organisierte, dabei ins Zentrum dieses lange zurückliegenden Fluchtdramas rückt, wird ebenso aufgeklärt wie das Schicksal einer weiteren Familie, die in das damalige Geschehen verwickelt wurde.

Der Zuschauer muss schon höllisch aufpassen, um den Faden nicht zu verlieren. Zumal es auch noch diverse Rückblenden und Nebenschauplätze gibt: Harald Neuhauser hat einen unehelichen 14-jährigen Sohn, von dem er erst jetzt erfährt. Er hadert mit seinen aggressiven Ausbrüchen und mit seiner Kollegin ("Schon scheiße, wenn man so beliebt ist"), während sich der schrullige Kommissar Schaller und sein zynischer Chef Helmut Zangel (Christoph Süß) immer wieder scharfe Wortgefechte liefern.

Anno Saul (53, "Nord Nord Mord", "Neben der Spur", beide ZDF) hat schon diverse Krimis inszeniert - sieben Folgen der Reihe "Der Kommissar und das Meer" (ZDF) und nun die zweite von "München Mord" - ein weiterer folgt demnächst. Für seinen letzten Film aus dieser Reihe ("Wo bist du, Feigling?") hat er soeben den Publikumspreis beim deutschen Fernsehkrimi-Festival in Wiesbaden erhalten. "Es geht hier um Flucht, ein extrem aktuelles Thema", sagte Saul der Deutschen Presse-Agentur. "Das kann man fiktional kaum aktuell bearbeiten, weil die Zeit zu schnell darüber hinwegläuft und ein Film dann schon veraltet ist, bevor er überhaupt gesendet wird. Deshalb haben wir uns für etwas entschieden, was nicht an die jetzige Zeit gebunden ist, und dafür, eine Flucht aus dem früheren Ostblock zu erzählen."

Eine gute Entscheidung, ein spannendes Thema. Es gehe auch um Verwurzelung und Entwurzelung, das Verlassen und das Verlassenwerden, die Verletzungen, das Seelenleid, die Enttäuschungen und die Trauer, sagte Saul weiter. "Wir wollen die Tiefen der persönlichen Unwuchten ausloten. Das werden viele Zuschauer und deren Familien noch aus eigener Anschauung oder zumindest von Erzählungen her kennen, meine eigene Familie mit eingeschlossen."

Die schräge und humorvolle Reihe bietet mit dieser Folge einen ebenso spannenden wie komplexen Fall, der einen großen Bogen schlägt von einem schrecklichen Ereignis, das gleich zwei Familien tief geprägt hat. Wirklich geschafft hat es am Ende eigentlich keiner, denn es geht bei dieser Puzzlearbeit vor allem um Täuschung, Selbstsucht, Hochstapelei und Verrat, aber auch um Verantwortung und Hilfsbereitschaft. Das Ganze wird zum Glück durch teilweise sehr skurrile Szenen aufgelockert: So wird Herrn Schaller durch eine recht erzählfreudige Friseuse eine geradezu abenteuerliche Frisur verpasst, und auch so mancher Dialog lässt einen schmunzeln: "Es gibt viele Möglichkeiten, sich in Luft aufzulösen - der Tod ist eine davon".

München Mord: Einer der's geschafft hat