Rock the Classic

Wie passen tätowierte, schreiende Metal-Musiker zu filigraner klassischer Musik? Auf den ersten Blick gar nicht. Genau darauf setzt das Konzept von Wigald Bonings neuer Sendung Rock the Classic.

Von Christina Bicking, dpa 27.11.2015, 23:01

Berlin (dpa) - Lange Haare, dunkle Kleidung, Tattoos. Daneben eines der bekanntesten Werke der Romantik, die Peer-Gynt-Suite von Edvard Grieg.

Womit soll man sich als Musiker eigentlich noch groß beschäftigen?, fragt der Berufskomödiant Wigald Boning zu Beginn der ersten Sendung, nachdem er dem Zuschauer mit der Querflöte ein paar Töne ins Ohr gepustet hat.

Jetzt, da Zwölftontechnik, Menuett und Marshall-Ton bereits erfunden seien, brauche es eine neue Herausforderung, erklärt der 48-Jährige Moderator seine Agenda für die neue 3sat-Reihe Rock the Classic, die von diesem Samstag (21.45 Uhr) an ausgestrahlt wird. Die erste Herausforderung: Das Symbolstück der Romantik, In der Halle des Bergkönigs aus Griegs Peer-Gynt-Suite, mit der haarigen Metalband Eluveitie zu verknüpfen.

Boning setzt auf Gegensätze. Das macht er noch einmal durch seine gewohnt schrille Kleidung deutlich: In der ersten Folge mit wenig dezentem Pink, Regenbogensocken sowie der Kombination aus Krawatte und Sportjacke.

Die erste Reise des Sechsteilers geht in die Schweiz. Im gutbürgerlichen Winterthur wohnt die achtköpfige Metalband Eluveitie. Die will sich zusammen mit Boning und dem Fagottist Beat Blättler mit Klassik beschäftigen. Die Musiker sind - wie zu erwarten - anfangs recht skeptisch. Mir könnte man wirklich ein Bachstück vorspielen und ich würde noch denken, es ist Mozart, beschreibt Gitarrist Rafael Salzmann wenig vertrauenserweckend.

Bevor die Instrumente gezückt werden, begibt sich Boning mit den Musikern auf eine Geschichtsexkursion. Es sei wichtig, den historischen Kontext der Musik und des Komponisten zu verstehen. Daher geht es ins Kunstmuseum Oskar Reinhart in Winterthur. Thema der Geschichtsstunde: Krieg und der Nationalismus der Romantik.

Nicht ganz zufällig entdeckt Boning dort eine Verbindung zwischen der Romantik und dem Bandleader Christian Glanzmann. Und die findet sich nicht etwa in der romantischen Ader des Vollblut-Metalers, sondern in den Tribal Tattoos auf seinem Arm. Tribals sollen nämlich vorrangig durch die Epoche der Romantik geprägt worden sein, wie Museumsdirektor Marc Fehlmann erklärt.

Dann proben die Musiker zusammen mit Blättler. Der Fagottist vom Luzerner Sinfonieorchester schwingt sich kurzerhand zum Dirigenten auf, was bei der Band gar nicht schlecht ankommt. Wir kennen das nicht mit so einem musikalischen Leiter. Ich hätte auch nichts gegen so einen Dirigenten ab und zu, stellt Bandmitglied Anna Murphy fest. Und so steuert Blättler den Metal-Kahn mit voller Fahrt durch das Dickicht der Halle des Bergkönigs.

Die Mischung aus Metal, Gynt und Boning scheint geglückt. Wieso sich der Boning nun in dieser musikalischen Sendung wiederfindet, wird sich der ein oder andere fragen, der ihn noch aus RTL Samstag Nacht oder aus der aktuellen ZDF-Sendung Nicht nachmachen! kennt. Die Musik war ihm allerdings nie fremd: Seit dem 14. Lebensjahr spielt er Querflöte, später kam noch das Saxofon dazu. Das Klavier beschreibt er als dunkles Kapitel seiner Kindheit.

Der Komiker aus Wildeshausen in Niedersachsen brachte selbst schon mehrere Alben raus, die allerdings nur wenig bis keinen Erfolg hatten. Mit seiner Free-Jazz-New-Wave-Band saß er musikalisch zwischen den Stühlen. Die Leute hätten nicht kapiert, was die Band wollte, resümiert Boning in einem 3sat-Interview. Mit Olli Dittrich erlangte er als Duo Die Doofen schließlich Bekanntheit. Das Album Lieder, die die Welt nicht braucht setzte sich 1995 an die Spitze der Charts.

Nach 1998 machte er noch zwei Alben und brachte eine Single raus. Nun rockt er also die Klassik. Ich habe sofort zugesagt, weil die Position des Musik-Erklärers im Fernsehen vakant ist, erklärt Boning. Auch die weiteren Folgen bedienen sich der musikalischen Klischees, um sie neu zu kombinieren. In der dritten Folge etwa treffen die Volksmusiker Schürzenjäger auf russische Romantik in Form von Tschaikowsky. Auch Mozarts Requiem wird nicht verschont.

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