TV-Tipp Treibjagd im Dorf

Ein Schuss fällt, ein Mann geht zu Boden, eine Familie zerbricht. Und eine Dorfgemeinschaft steigert sich in eine fixe Idee hinein, die immer gefährlicher wird. "Treibjagd im Dorf" ist ein Drama, spannend bis zum Schluss.

Von Andreas Heimann, dpa 14.05.2017, 23:01

Berlin (dpa) - Es soll nur eine Schießübung sein. Opa Anton will seinem Enkel Franzi zeigen, wie es geht. "Entsichern, Ziel anvisieren, einatmen", erklärt er. "Jetzt zeig, was du kannst!" Und Franzi schießt.

Kurz darauf noch mal, gerade als der Opa die Flaschen zurechtrücken will, auf die Franzi zielen soll. Der Opa bricht getroffen zusammen, Franzi läuft weg. Und danach ist nichts mehr, wie es war. Die Welt gerät aus den Fugen. 

Anton stirbt im Krankenhaus, Franzi hat Angst zu erzählen, was passiert ist. Und der Verdacht fällt bald auf einen anderen. Das ZDF zeigt die österreichisch-deutsche Koproduktion "Treibjagd im Dorf" an diesem Montag (20.15 Uhr) als "Fernsehfilm der Woche". Der dritte Teil der Heimatfilmreihe knüpft an "Ein Geheimnis im Dorf" (2016) und "Die Fremde im Dorf" (2014) an. Für das Drehbuch zum Auftakt hatte Konstanze Breitebner den Romy bekommen.

Auch wenn die Polizei in dem idyllischen Dorf in der Steiermark ermittelt, der Film ist kein Krimi, eher ein vom Regisseur Peter Keglevic ausgesprochen gelungen in Szene gesetztes Drama. Es geht um Misstrauen und Bosheit, Hass und Rachsucht, Verlogenheit und üble Nachrede. Und darum, wie finster es hinter der Kulisse einer scheinbar verschworenen Dorfgemeinschaft aussehen kann, in der viel getuschelt, aber nie offen mit denen geredet wird, die es angeht.

Opa Anton (August Schmölzer), der mit seinem Enkel (Enzo Gaier, 15) so großväterlich umgeht, hat auch ganz andere Seiten. Seine Frau hat er umgebracht, für den Totschlag saß er im Gefängnis, und vor seiner Familie verheimlicht er noch immer das ein oder andere.

Sein Sohn Josef (Manuel Rubey) verachtet ihn: "Wenn er nicht tot wär, man möcht' ihn jetzt noch erschlagen." Erna (Franziska Walser), die zweite Frau in Antons Leben, hasst Josef fast so sehr wie dessen Bruder Franz (Max von Thun), von dem sie glaubt, dass er auf Anton geschossen hat. Und das erzählt sie auch bedenkenlos weiter. Schon bald wird an allen Ecken darüber getratscht.

Dass Franz so wütend wie verzweifelt durchs Dorf läuft und ruft "Ich hab' meinen Vater nicht umgebracht!", hilft da auch nichts mehr. Selbst Irene (Franziska Weisz), seine Frau, beginnt, an ihm zu zweifeln. Und der Zuschauer ist sich bald auch nicht mehr sicher, ob Anton tatsächlich durch Franzis Schuss getötet wurde oder ob nicht noch jemand nachgeholfen hat. Es gibt genügend andere, denen man es zutrauen würde.

Zu den Qualitäten des Drehbuchs gehört, die Auflösung bis ganz zum Schluss offen zu halten, was den Film noch spannender macht. Ebenfalls auf der Haben-Seite: starke Figuren und starke Darsteller. Das gilt für Max von Thun als Franz, der immer verzweifelter erkennen muss, dass kaum jemand noch Vertrauen zu ihm hat und auch sein Traum gescheitert ist, aus dem heruntergekommenen Hof des Vaters einen florierenden Betrieb mit Bio-Rinderzucht zu machen.

Und es gilt noch mehr für Franziska Weisz, die an ihn glauben will und das doch immer weniger kann. Franziska Walser spielt ihre Rolle als boshafte, intrigante Alte ebenfalls so überzeugend, dass ihr die tiefe Abneigung der Zuschauer sicher sein darf. Mehr kann man als Schauspielerin kaum erreichen.

Edita Malovcic macht als Polizistin zwar eine gute Figur, spielt aber nur eine Nebenrolle. Bei "Treibjagd im Dorf" geht es nicht um Ermittlungserfolge. Am Schluss ist die Dorfidylle restlos zerstört. Antons Tod klärt sich zwar auf, aber das ist dann schon fast nicht mehr wichtig.

Treibjagd im Dorf