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TV-Tipp Unser letzter Sommer

Sie sind so ähnlich, ihre Schicksale aber so verschieden: In "Unser letzter Sommer" zeigt das Erste Ausschnitte aus dem Leben zweier Jugendlicher. Ihre Wege kreuzen sich immer wieder. Manche Leidenschaften teilen sie. Doch es ist Krieg.

Von Marco Krefting, dpa 12.06.2017, 23:01

Berlin (dpa) - 1943. Sommer in Polen. Zwei Jungen, beide 17 Jahre alt. Romek und Guido. Der eine Pole, der andere Deutscher. Der eine will Lokführer werden, der andere muss als Besatzungspolizist patrouillieren.

Beide wollen lieben. Doch es ist Krieg. Die ARD zeigt das Schicksal der zwei so ähnlichen Teenager in "Unser letzter Sommer" am Dienstag (22.45 Uhr) in der Reihe "FilmDebüt im Ersten".

Autor und Regisseur Michal Rogalski erzählt in einem Gespäch mit der ARD, in einem Familienalbum habe er ein Foto entdeckt mit drei vergnügten Paaren an einem Fluss. "Daran war erst einmal nichts ungewöhnlich - bis ich entdeckte, dass das Bild im Mai 1943 aufgenommen worden war. Mir wurde bewusst, wie oberflächlich und stereotyp wir die Zeit des Zweiten Weltkrieges betrachten."

Erinnerungen an die Grausamkeiten verschleierten, dass die Menschen damals so normal wie möglich durch den Krieg kommen wollten. "Sie wollten leben und lieben mit allem Drum und Dran, selbst dann, wenn nebenan Verbrechen begangen wurden, selbst dann, wenn Menschen nebenan in Heerscharen starben, selbst dann, wenn man am nächsten Tag selbst ein Opfer des Krieges werden könnte."

So geht es auch den beiden Protagonisten, eindrucksvoll gespielt von Jonas Nay als Guido und Filip Piotrowicz alias Romek, der als Heizer auf einer Rangierlok arbeitet. Er hat sich in die junge Franka verliebt, die in der Küche des deutschen Gendarmeriepostens hilft. Eines Abends kreuzen sich plötzlich die Wege der Drei - denn sie eint die Liebe zum Jazz. Verbotene Klänge sogenannter entarteter Musik, wegen derer Guido überhaupt nach Polen strafversetzt wurde. Auch die Zusammenkunft darf eigentlich nicht sein. Doch sie bringt Guido Franka näher - und das wiederum bringt beide in Gefahr. "Ach, hier gibt's wohl Gefühle", raunzt der Oberleutnant, als er die beiden in flagranti erwischt. "Die Welt bricht zusammen. Überall Krieg."

Immer wieder kreuzen sich die Wege der beiden Hauptfiguren. Ohne die Sprache des anderen wirklich zu beherrschen, scheinen sie sich zu verstehen, gehen Risiken ein - auch für den anderen. Das Geschehen ist unaufgeregt und in blassen Farben inszeniert. Und doch so brutal.

Denn neben Krach im Elternhaus und Ärger mit Kollegen sind es die Wirren des Krieges, die das Schicksal des Duos zeichnen: Guido muss einen Heuhaufen in Brand setzen, in dem sich Menschen versteckt haben, muss Leichen verbuddeln - und sitzt schließlich mit geballten, blutverschmierten Fäusten an einem Grab. Romek lernt unterdessen auf der Flucht das verletzte jüdische Mädchen Bunia kennen. Doch die zwei geraten in die Fänge russischer Partisanen. Während sich für einen der beiden das Blatt zumindest in einer Hinsicht wendet, meint es das Schicksal mit dem anderen alles andere als gut.

So oder so ähnlich werden wohl viele Biografien aus den Kriegsjahren aussehen, die im Schatten oscarprämierter Kinodramen wie "Schindlers Liste" und "Das Leben ist schön" kaum in den Fokus rücken. Das mit Liebe zum Detail gemachte Drama, schenkt ihnen anderthalb Stunden. Regisseur und Autor Rogalski beschreibt sein Langfilmdebüt "Unser letzter Sommer" als "Geschichte, die zwischen den Schlagzeilen spielt, zwischen den Tragödien und dem Holocaust".

Unser letzter Sommer