TV-Tipp Wendezeit

Eine Frau mit einem Doppelleben: Mutter und Spionin, in zwei Gesellschaftssystemen. Ihre Geschichte erzählt der Spielfilm "Wendezeit" im Ersten.

Von Klaus Braeuer, dpa 01.10.2019, 23:01

Berlin (dpa) - Der Mauerfall und die Zeit der Wende liegen 30 Jahre zurück. Wie sie aus dem Blick der Geheimdienste ausgesehen hat, zeigt der Spielfilm "Wendezeit", der am kommenden Mittwoch (20.15 Uhr) im Ersten auf dem Programm steht.

Die Talkshow "Maischberger" (22.45 Uhr) beschäftigt sich ebenfalls mit dem Thema. Und am 2./9. Dezember läuft dann die zweiteilige Doku "Inside HVA - Ein deutscher Dienst im Kalten Krieg".

Herbst 1989, das Ende der DDR ist nah. Saskia Starke (Petra Schmidt-Schaller) war einst von ihrem ehrgeizigen Vater (André Hennicke) für die Stasi ausgebildet worden. Nun ist sie mit dem US-Wissenschaftler Richard Starke (Harald Schrott) verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in einer schönen Villa in Zehlendorf in West-Berlin. Sie arbeitet offiziell in der amerikanischen Botschaft, inoffiziell jedoch für die CIA - und für die Stasi.

Die CIA hat schon länger den Verdacht auf einen Maulwurf und schickt ihren Spürhund Jeremy Redman (Ulrich Thomsen) nach West-Berlin, der Saskia ins Visier nimmt, ihre Kollegin und Freundin Betsy Jordan (Nina Rausch) jedoch in Ruhe lässt. Redman ist auch hinter den sogenannten Rosenholz-Dateien her, einer Agentendatei der Stasi, in der sämtliche Klarnamen ihrer Agenten verzeichnet sind. Saskia versucht mit allen Mitteln, die Akten mit den Buchstaben ihres Deck- und Klarnamens verschwinden zu lassen und so ihre wahre Identität weiter zu verschleiern.

"Beim Verfassungsschutz hat jede operative Handlung einen Namen, der nur einmal vergeben wird", sagte Prof. Dr. Müller-Enbergs, Fachberater des Films, der dpa. "An jenem Tage war der Buchstabe R dran, und der Sachbearbeiter entschied sich für den Namen "Rosenholz" für die Aktion. Der Name steht nun für den Gesamtkomplex aus Dienstreisen und verfilmten Karteikarten auf Mikrofilm sowie den damit verbundenen Folgen."

Die Mikrofilme seien zuletzt im Dezember 1989 im Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) gesichtet worden. Danach waren sie verschwunden, bis sie spätestens im Januar 1993 unter nicht genau geklärten Umständen in die Hände der CIA gelangt seien.

Der Film von Autorin Silke Steiner ("Opa wird Papa") und Regisseur Sven Bohse ("Ku'damm 56/59") erzählt zwar eine fiktive Geschichte, aber angelehnt an historische Begebenheiten während des des Kalten Krieges. Es gibt viele Orts- und Zeitenwechsel und einige Rückblenden in Saskias Familiengeschichte. Auch diese Szenen spielt Petra Schmidt-Schaller (38, "Der Mordanschlag") selbst, sächselnd und in perfekter Maske.

Überhaupt ist ihr Spiel grandios, zeigt sie doch ihre Verwundbarkeit als Ehefrau und Mutter ebenso wie die Kaltblütigkeit als Spionin, wenn es um ihre nackte Existenz geht. Spannend ist dieser perfekt ausgestattete zweistündige Agententhriller vom harmlosen Anfang bis zum dramatischen Schluss, gleichzeitig ist er auch hoch emotional. Schließlich geht es um stetig wachsendes Misstrauen in einem Dickicht aus Lügen, das eine ganze Familie zu zerstören droht - und um so manchen geplatzten Lebenstraum.

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