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Ausgeruht Wann Eltern den Mittagsschlaf streichen sollten

Bei Babys steht Schlafen ganz oben auf der Bedürfnisliste. Werden die Kinder größer, wird aber irgendwann sogar der Mittagsschlaf abgeschafft. Woran erkennen Eltern den richtigen Zeitpunkt dafür?

Von Elena Zelle, dpa 20.11.2020, 03:36
Andrea Warnecke
Andrea Warnecke dpa-tmn

Düsseldorf (dpa/tmn) - Der Mittagsschlaf gleicht in Familien mit Kleinkindern oft einer Wissenschaft für sich: Nicht zu spät, nicht zu früh, nicht zu lang, aber auch nicht zu kurz sollte er sein.

Aber selbst, wenn man all das akribisch einhält, findet man sich ziemlich sicher irgendwann um 22.00 Uhr mit einem im Bett hüpfenden und singenden Kleinkind wieder. Das kann ein Zeichen dafür sein, dass Eltern sich vom liebgewonnenen Mittagsschlaf verabschieden sollten. Doch wie macht man das am besten? Und wann ist es wirklich so weit?

Schlaf ist wichtig für den Körper

Ob Kinder noch einen Mittagsschlaf brauchen, sei keine Frage des Alters, wie Hermann Josef Kahl vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte betont: "Wenn das Kind den Schlaf braucht, sollte man ihm den auch geben. Jedes Kind hat ein individuelles Schlafbedürfnis."

Ausreichend Schlaf ist nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) gerade bei Kindern für das Gedächtnis, die Konzentrationsfähigkeit, wichtige Funktionen des Körpers sowie das Immunsystem von großer Bedeutung.

Wichtig ist daher, den Mittagsschlaf nicht leichtfertig zu streichen. Denn dieser kann laut der DGSM etwa negative Auswirkungen nächtlichen Schlafmangels ausgleichen und hat einen positiven Effekt auf das sogenannte deklarative Gedächtnis, das für das Faktenwissen zuständig ist.

Mittagsschlaf hat auch negative Seiten

Der Mittagsschlaf kann der DGSM zufolge aber auch unerwünschte Effekte haben: spätere Schlafenszeit, das Einschlafen dauert länger, kürzerer Nachtschlaf sowie häufigere nächtliche Wachzeiten von mehr als fünf Minuten.

Aber was sind individuelle Anzeichen dafür, dass der Mittagsschlaf gestrichen werden kann? Ein Hinweis ist, dass das Kind am Abend einfach nicht müde ist oder sehr lange braucht, um einzuschlafen. Und: "Wenn ein Kind mit drei Jahren nachts nicht durchschläft, aber tagsüber noch schläft, kann es sinnvoll sein, den Mittagsschlaf wegzulassen", sagt Kahl.

Auch ein "Ich will nicht" des Kindes sollten Eltern durchaus ernst nehmen und ihr Kind nicht zum Mittagsschlaf zwingen, wie Kahl betont.

Es gibt noch weitere Anzeichen: Wenn ein Kind am Mittag nach 30 Minuten nicht eingeschlafen ist, kann das bedeuten, dass es auf den Mittagsschlaf verzichten kann, wie Alfred Wiater, Kinder- und Jugendarzt, Schlafmediziner und Vorstandsreferent der DGSM, erklärt.

Schlafverhalten drei Wochen protokollieren

Zuvor sollten Eltern aber das Schlafbedürfnis ihres Kindes kennen. Denn dann können sie die Zubettgehzeit abends anpassen. "Hilfreich ist es, ein Schlaf-Wach-Tagebuch über drei Wochen zu führen", rät Wiater. Dort wird für jeden Wochentag notiert, wann das Kind morgens aufgewacht und abends eingeschlafen ist, wie oft und lange es in der Nacht wach war und ob und wie lange das Kind am Tag geschlafen hat.

Wenn sich so herausstellt, dass der Mittagsschlaf nicht unbedingt nötig ist, sollte man diesen allerdings nicht von heute auf morgen streichen. Besser sei es "die Mittagsschlafdauer über einen Zeitraum von zwei Wochen schrittweise zu reduzieren, um den abendlichen Schlafdruck zu erhöhen", empfiehlt Schlafmediziner Wiater.

Kinderarzt Kahl betont, dass man das Kind ohne Mittagsschlaf ein paar Tage beobachten sollte: "Einmal ohne Mittagsschlaf reicht nicht. Wenn man ihn drei, vier Tage hintereinander weglässt, zeigt sich, ob das Kind den Schlaf doch benötigt."

Wenn das Kind dann sehr müde ist, nörgelig oder nervös, muss der Mittagsschlaf wieder her. Wobei es natürlich auch nicht nach dem Motto "Ganz oder gar nicht" geschehen muss: Der Mittagsschlaf kann schließlich auch erstmal verkürzt statt komplett gestrichen werden.

© dpa-infocom, dpa:201119-99-393359/2

Vordruck Schlafprotokoll der DGSM

Empfehlungen der DGSM zum Mittagsschlaf in Kitas