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TV statt Russland-Reise Kaum Bundesliga-Scouts bei der WM

Auf nach Russland! Für die Macher der Bundesliga ist die WM doch sicher Pflicht. Aber weit gefehlt. Die meisten Manager und ihre Scouts sitzen in diesen Tagen ebenfalls nur vor dem Fernseher. Längst sind andere Turniere viel wichtiger.

Von Lars Reinefeld, dpa 22.06.2018, 13:53

Samara (dpa) - Bei der Fußball-WM werden auch Bundesliga-Manager vor dem Fernseher zu Deutschland-Anhängern. "Wenn Deutschland spielt, bin ich Fan", sagte Gladbachs Sportdirektor Max Eberl unlängst im Interview des "Tagesspiegel".

Doch müsste Eberl in diesen Tagen nicht eigentlich in Russland sein? Müsste er sich nicht Spiele und Spieler vor Ort anschauen? Ist die WM nicht die größte Bühne des internationalen Fußballs und damit Pflicht für jeden Manager und Scout?

Absolut nicht, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den 18 Erstligisten ergab. Denn kaum ein Verein hat Personal nach Russland geschickt, die WM wird von fast allen Bundesliga-Entscheidern nur am TV verfolgt.

Eine WM sei lediglich ein Bonus im Scouting, hieß es bei RB Leipzig. Die Hausaufgaben würden früher gemacht. Das sieht auch Eberl so. "Wenn wir erst bei der WM anfangen würden, Spieler zu scouten, hätten wir vorher Fehler gemacht", sagte der Ex-Profi. "Vielleicht kann man bei der WM noch mal einen letzten Eindruck von einem Spieler gewinnen. Oder sein Netzwerk pflegen und vergrößern. Aber ich glaube nicht, dass bei einer Weltmeisterschaft noch ein völlig unbekannter Spieler auftaucht."

Wie Eberl erwartet auch Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc keine Überraschungen. "So etwas gibt es nicht mehr", sagte Zorc den "Ruhr Nachrichten". Als bestes Beispiel nennt er den Portugiesen Raphael Guerreiro. Den Transfer des Linksverteidigers hatte der BVB vor zwei Jahren bereits vor der EM in Frankreich eingetütet. Als Guerreiro dann ein starkes Turnier spielte und an der Seite von Superstar Cristiano Ronaldo am Ende sogar den Titel holte, konnte sich Zorc dennoch entspannt zurücklehnen - allen Millionen-Offerten internationaler Top-Clubs zum Trotz.

Der Hauptgrund für das Fehlen der meisten Bundesliga-Entscheider in Russland liegt eben in dieser Professionalisierung und Ausweitung des Scoutings. Viel wichtiger als die alle vier Jahre stattfindende WM der besten Fußballer der Welt sind inzwischen Nachwuchsturniere. U17-Welt- und Europameisterschaften, Junioren-Veranstaltungen in Südamerika und Afrika - das sind die Events, bei denen die Clubs am Ort sind und intensiv scouten. "Es kommt heutzutage nur noch höchst selten vor, dass ein Spieler bei einer WM wie aus dem Nichts auftaucht", sagte Eberl mit Blick auf die Beobachtung der Turniere in den Juniorenklassen. "Man kennt die Jungs also."

Michael Reschke vom VfB Stuttgart hat sich dennoch auf den Weg nach Russland gemacht, schaut sich in Putins Riesenreich ein paar Partien an. Auf viele Kollegen aus der Bundesliga wird aber eben nicht treffen. "Das macht auch keinen Sinn", sagte Gerhard Zuber, Sportlicher Leiter bei Hannover 96. Sollte ein Spieler plötzlich bei der WM durchstarten, wäre er für fast alle Bundesliga-Clubs eh nicht mehr zu finanzieren. "Wenn ein Spieler bei einer WM nachhaltig auf sich aufmerksam macht, wächst das Interesse an ihm schlagartig, und entsprechend steigt der Preis", sagte der Mainzer Sportchef Rouven Schröder. Er und die Mainzer Scouts schauen sich die WM-Partien daher im Fernsehen und später noch einmal auf Video an.

1899 Hoffenheim hat in Lutz Pfannenstiel zumindest einen Vertreter in Russland. Viel Neues erwartet Alexander Rosen, Hoffenheims Direktor Profifußball, aber nicht. "Für Clubs auf unserem Niveau ist das nicht besonders sinnvoll", sagte er dem "Kicker". Und so kann Pfannenstiel getrost noch zusätzlich als TV-Experte und Kolumnist tätig sein. Angst, etwas zu verpassen, muss er nicht haben. Denn die Bosse wissen eh schon über alles Bescheid.

Rosen auf kicker.de

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