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Bundesliga "Alles offen" beim Krisenclub Mainz

Mainz 05 galt jahrelang als seriöser Bundesligist mit Weitblick und Kontinuität. Jetzt steht der Abstiegskandidat ohne sportliche Führung und mit einem Trainer auf Abruf da.

Von Ulrike John, dpa 23.12.2020, 11:30
Soeren Stache
Soeren Stache dpa-Zentralbild

Mainz (dpa) - Als die Fragen nach dem "Chaos" beim FSV Mainz 05 immer drängender wurden, verfiel Clubpräsident Stefan Hofmann in Sarkasmus.

Man könne die Rheinhessen ja auch vom Spielbetrieb der Fußball-Bundesliga abmelden und in der zweiten Liga weitermachen, sagte er, aber nein, jetzt gelte beim Tabellen-17. die Devise: "Bündelung aller Kräfte, um diesen Standort zu erhalten." Und: "Jetzt noch einmal angreifen!" Mit welchem Trainer und welchem Sportvorstand - das blieb bei der Pressekonferenz nach der Trennung von Rouven Schröder unbeantwortet.

Interimscoach Jan-Moritz Lichte darf im DFB-Pokalspiel gegen den VfL Bochum noch auf der Bank sitzen, doch der Nachfolger von Achim Beierlorzer gilt als Trainer auf Abruf. Als ein Kandidat gilt der frühere Mainzer Profi Bo Svensson. Der 41 Jahre alte Däne arbeitete bis 2019 im Nachwuchsbereich der 05er und ist derzeit Chefcoach beim österreichischen Zweitligisten FC Liefering, dem Farmteam von Red Bull Salzburg.

Gehandelt wird beim Abstiegskandidaten auch der Ex-Schalker Domenico Tedesco. Nach dpa-Informationen gab es bisher allerdings keinen Kontakt zwischen dem 35-Jährigen und den Mainzern. Tedesco will seinen bis Sommer laufenden Vertrag bei Spartak Moskau erfüllen, dann aber vor allem aus privaten Gründen zurück nach Deutschland.

Die Variante mit Tedesco liegt zwar nahe, weil Christian Heidel mit ihm in Gelsenkirchen zusammengearbeitet hat. Andererseits spielt der deutsch-italienische Coach gehaltsmäßig derzeit in einer anderen Liga und hat wohl höhere Ambitionen - und die Mainzer haben finanziell keinen großen Spielraum. Das weiß auch Heidel, sollte sich der langjährige FSV-Manager und Entdecker von Jürgen Klopp und Thomas Tuchel zu einer Rückkehr zum selbst ernannten Karnevalsverein entschließen.

Bei Heidel war eigentlich der Plan, dass er in den Vorstand mit Schröder, Hofmann und Jens Lehmann rückt. Doch das ist nach dem Abgang Schröders, der in Mainz jahrelang gute Arbeit geleistet hat, nun Makulatur. Unklar ist, was passiert, wenn Heidel nach zwei, drei Tagen Bedenkzeit, die er sich erbeten hatte, nicht will. Ein Plan B ist derzeit nicht erkennbar.

"Chaostage am Bruchweg", titelte deshalb die "Frankfurter Rundschau". "Ein Fiasko droht", warnte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". "Mainz gilt nicht mehr als der besondere Verein. Als der Verein, bei dem in Ruhe erfolgreich gearbeitet wird", bilanzierte die örtliche "Allgemeine Zeitung". "Wir befinden uns alleine schon aufgrund von Corona seit März im Krisenmodus", räumte der ehrenamtlich tätige Hofmann ein und sagte: "Einen neuen Trainer und einen neuen Sportvorstand finden sie nicht von heute auf morgen. Es ist alles offen."

Eigentlich wollte sich der Club mit dem Langzeitprojekt "Strategie 2030" beschäftigen, jetzt wird er vom Alltagsgeschäft überrollt. Der Zeitdruck, eine Lösung für die sportliche Führung auf und abseits des Rasens zu finden, ist enorm. Am 28. Dezember soll wieder trainiert werden, am 3. Januar geht es beim Liga-Auftakt - zum FC Bayern.

© dpa-infocom, dpa:201223-99-796320/3

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