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Forschung: Der perfekte Weihnachtsstern

Weihnachtssterne gehören zur Adventszeit wie Plätzchen und Kerzenlicht. Was viele dagegen nicht wissen: Die Pflanze kann mit der richtigen Pflege deutlich länger überleben. Gärtner erforschen seit Jahrzehnten die besten Bedingungen dafür.

Von Christiane Gläser, dpa 11.12.2015, 11:05

Veitshöchheim (dpa) - Sattrot, zartweiß, rot-weiß gesprenkelt, rosa- oder orangefarben: Die großen Gewächshäuser der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) gleichen einem Farbenmeer. Mehrere Tausend Weihnachtssterne blühen seit Wochen üppig und in den verschiedensten Farben.

Sie stehen auf hüfthohen Anzuchttischen und werden regelmäßig kurz gewässert, kontrolliert und analysiert. Die Gartenbauingenieurin Eva-Maria Geiger leitet das LWG-Sachgebiet Zierpflanzenbau in Veitshöchheim bei Würzburg. Sie erforscht seit rund 25 Jahren auch den Weihnachtsstern und ist mit der Entwicklung auf dem Markt sehr zufrieden. Als ich angefangen habe, war die Nachfrage nach diesen Zierpflanzen noch stark rückläufig, weil sie nur zwei Wochen gehalten haben, erinnert sich Geiger.

Heute, mehr als zwei Jahrzehnte später, ist der Weihnachtsstern die meist verkaufte blühende Zimmerpflanze hierzulande. Mehr als 32 Millionen Exemplare wurden 2014 verkauft.

In Deutschland gibt es Geiger zufolge vier bis fünf Einrichtungen, die die beliebte Pflanze erforschen, um die Erkenntnisse an die Gärtnereien weitergeben zu können. Dank dieser Forschungen sind wir heute auf einem ganz anderen Niveau, sagt die Expertin. So werden keine Chemie, keine Insektizide oder Fungizide genutzt. Stattdessen werden gegen Schädlinge wie die Trauermücke oder die weiße Fliege Nützlinge eingesetzt. Zudem seien die Energiekosten enorm gesunken. Das sind Quantensprünge, sagt Geiger.

In diesem Jahr hat die LWG erforscht, wie wohl sich die Pflanzen in torffreiem Substrat fühlen. Es ist derzeit politisches Ziel, die Torfanbau-Gebiete Europas zu schonen. Wir erforschen, was das für die Bewässerung und den Einsatz von Düngemitteln bedeutet, erklärt die Gartenbauingenieurin. Die Erkenntnisse: Auf die Gärtner kommt mehr Arbeit zu, denn die Aufzucht in torffreier Erde ist schwieriger, weil die Nährstoffanteile unterschiedlich verteilt sind.

Im Handel sind perfekte Pflanzen gefragt. Das Laub muss dicht und schön grün sein und sie sollten viele der typischen Hochblätter tragen. Obwohl der Weihnachtsstern nur kurz vor und während der Adventszeit reißenden Absatz findet, ist die Pflanze eigentlich ein Ganzjahresprodukt. Bei richtiger Pflege hält sich ein Weihnachtsstern das gesamte Jahr über. Er ist kein Wegwerfprodukt, sondern eine holzige Pflanze, die viele Jahre halten kann.

Dafür müssen nur wenige Tricks beachtet werden: keine Zugluft, keine Heizungsluft, heller Standort, keine Staunässe, nicht von oben gießen, sondern ein paar Minuten tauchen und im Winter alle drei, vier Wochen düngen, im Frühjahr wöchentlich. Dann könnte es klappen mit dem üppig wachsenden Strauch, der seine sattgrünen Blätter das gesamte Jahr über trägt. Die typischen farbigen Hochblätter bilden sich dann, wenn die Pflanze nur noch rund zehn Stunden Tageslicht abbekommt. In den Gärtnereien wird das meist ab September simuliert, damit die Weihnachtssterne pünktlich vor der Adventszeit fertig sind.

Übrigens: Die meisten Kunden bevorzugen den roten Weihnachtsstern. Etwa 70 Prozent kaufen am liebsten diese Farbe. Dem Verband der Europäischen Weihnachtssternzüchter zufolge gibt es zurzeit rund 150 Weihnachtssternsorten. 40 davon hat die LWG zu Forschungszwecken in ihren Gewächshäusern. Darunter auch einige exotische. Ein neuer Trend sind die knalligen Farben, sagt LWG-Expertin Geiger dazu. So verkaufe der Handel auch pinkfarbene und rein weiße Weihnachtssterne mittlerweile sehr gut.

Bei den Gärtnereien hat der Weihnachtsstern übers Jahr gesehen eine wichtige Bedeutung, obwohl er nur etwa zwei Monate lang verkauft wird. Rund 80 Prozent aller Weihnachtssterne werden dem Verband zufolge in Deutschland produziert. Wenn sie in den Gärtnereien großflächig ausgestellt werden, ist das ein großer Anziehungsmagnet, sagt der Landesfachgruppenvorsitzende Kurt Scherdi vom Bayerischen Gärtnerei-Verband, der eine Gärtnerei in Oberbayern betreibt.

In den Gärtnereien sei die Preisgestaltung auch nach oben, wenn die Qualität stimme, kein Problem. Ein schöner großer Weihnachtsstern, der lange hält und vor Ort gewachsen ist, ist den Leuten etwas wert. Für einen schönen Weihnachtsstern zahlen die Kunden dann auch etwa acht Euro. Der Durchschnittspreis liegt dem Händlerverband Stars for Europe zufolge bei 2,86 Euro.

Infos zur Gärtnerei Scherdi am Ammersee

Wie der Weihnachtsstern nach Europa kam

Der Weihnachtsstern trägt den botanischen Namen Euphorbia pulcherrima. Er kommt ursprünglich aus Mittel- und Südamerika. Dort wächst die Pflanze oft zu einem meterhohen Busch heran. Weihnachtssterne werden auch Poinsettien genannt - abgeleitet vom amerikanischen Botschafter in Mexiko, Joel Poinsett, der den Weihnachtsstern im frühen 19. Jahrhundert in die USA einführte. Nach Europa wurde die Pflanze bereits 1804 von Alexander von Humboldt von seiner Amerikareise mitgebracht.

Eine deutsche Auswandererfamilie namens Ecke wiederum ist schuld daran, dass die Poinsettie schließlich als Weihnachtsstern bekannt wurde. Sie hat die Pflanze zunächst als Schnittblumen im Freiland angebaut und in Hollywood verkauft, sagt Eva-Maria Geiger, Zierpflanzenexpertin der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau. Weil sie die Pflanzen in der Vorweihnachtszeit verkaufen konnten, nannten die deutschen Farmer sie Weihnachtsstern.

Auf die Familie ist auch zurückzuführen, dass es heute in den USA einen Poinsettia Day gibt. Seit 2002 wird damit an die Verdienste der Familie Ecke sowie den Namensgeber Poinsett erinnert. Der Poinsettia Day wird jedes Jahr am 12. Dezember begangen. Da schenkt man sich einen kleinen Weihnachtsstern, sagt Expertin Geiger.