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Gedenkstätte Archivschätzen auf der Spur

Umfangreicher als erwartet ist der Bestand an Archivmaterial in der KZ-Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge.

Von Sabine Scholz 19.09.2017, 12:00

Langenstein l „Der Antrag lautete auf Ersteinrichtung eines Archivs. Jetzt muss die Einrichtung des Archivs folgen“, sagt Dr. Nicolas Bertrand nur halb im Scherz. Denn was Ulrike Holdt in den vergangenen sechs Wochen an Grundlagen gelegt hat, muss fortgestezt werden. Nicht nur, was die Erfassung der Dokumente und Sachzeugen in einer Datenbank betrifft.

„Wir haben hier sehr unterschiedliche Medien“, sagt Ulrike Holdt, „und die Sammlung ist umfangreicher als gedacht.“ Seit 1949 wurde viel gesammelt, zur Geschichte des Lagers, zur Gedenkstättenarbeit, vor allem aber zur Erinnerungskultur in der DDR finden sich viele Unterlagen in dem Archivraum der Gedenkstätte. Allein 7500 Fotos, vor allem zu Gedenkveranstaltungen zu DDR-Zeiten, 6000 Negative und 3000 Dias hat Ulrike Holdt gezählt. „Die Dias sind zum Teil in den 1980er und ­Anfang der 1990er Jahre verkauft worden“, sagt die ­Archivarin und zeigt einen kleinen Kasten, auf dem die Dias standen. Bei Bedarf wurde die Lampe im Inneren angeschaltet und man konnte das Motiv gut erkennen. Eine große Anzahl an Magnetbändern mit Ton- oder Filmaufnahmen existiert ebenfalls, allerdings gibt es keine Abspielgeräte mehr dazu. „Die Bänder müssten dringend digitalisiert werden, sonst gehen uns die Informationen darauf endgültig verloren“, sagt die 34-Jährige, die das vom Land Sachsen-Anhalt finanzierte Projekt Ersteinrichtung eines Archivs in der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge umgesetzt hat.

20 Arbeitstage war sie tätig, hat für die Archivdatenbank „Faust 8 professionell“ Erfassungsmasken entwickelt, die auf die Anforderungen in Zwieberge zugeschnitten sind. So können zum Beispiel für die 450 Mappen zu Häftlingsbiografien auch Varianten in der Schreibweise der Nachnamen eingetragen werden, die dann zur richtigen Akte und Quelle führen. So es denn Quellenhinweise zu den Archivunterlagen gibt. „Angesichts der vielen ausländischen Häftlinge ist es wichtig, auch Varianten der Namen zu beachten“, sagt Holdt. Für sie war allein schon die Menge an Häftlingsunterlagen erstaunlich. „In Ulm-Kuhberg hatten wir es mit weniger Häftlingen zu tun“, sagt sie.

Ulrike Holdt hat auch einen Plan erstellt, wie mit weiteren zu kaufenden Regalen die vorhandene Stellfläche besser genutzt werden kann. „Wir würden die Lagerfläche verdoppeln“ sagt sie. Neben neuen Regalen müssen dringend archivgerechte Verpackungen angeschafft werden. Also Boxen aus säurefreiem Karton zum Beispiel, um die Dokumente besser zu schützen. Neben Papier, Fotos und Magnetbändern gibt es weitere, sogannte Drei-D-Objekte – Fundstücke aus dem Stollen und vom einstigen Lagergelände.

Die Einrichtung eines vernünftigen Nutzerraums samt offener Regale für die vorhandene Bibliothek ist ebenfalls auf dem Plan eingezeichnet. Ist ein Archiv doch kein Selbstzweck, sondern Forschungsgrundlage. „Wir wollen den Blick auch auf die Täterforschung richten, auf Bewacher, Zivilarbeiter und Firmen, die für das Lager tätig und von der Ausbeutung hier profitiert haben“, sagt Bertrand. Aber vor der Forschung steht erstmal die weitere Erfassung dessen, was sich in den Regalen und Ordnern findet.