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Lohnt sich eine Bauspar-Sofortfinanzierung?

Sofort ein Immobiliendarlehen und erstmal nur die Zinsen zahlen - das klingt lukrativ. Ob Bausparsofortfinanzierungen wirklich eine Alternative zum klassischen Kredit sind, hängt aber von den Konditionen ab. Die durchblickt nur, wer genau rechnet.

Von Sandra Ketterer, dpa 09.09.2015, 08:43

Hamburg (dpa/tmn) - Die Werbung klingt verlockend: Der Immobilienkäufer erhält sofort einen Kredit, muss aber erst einmal nur sehr niedrige Zinsen zahlen und in einen Bausparvertrag einzahlen. Die angepriesene Sofortfinanzierung hat jedoch auch ihre Schattenseiten.

Die Zinsen sind für viele Jahre festgeschrieben, die Raten für den parallel abgeschlossenen Bausparvertrag niedrig. Aber Bausparsofortfinanzierungen sind oft teurer.

Wie funktioniert eine Bauspar-Sofortfinanzierung?

Es gibt drei Modelle. In der ersten Variante erhält der Kunde ein Darlehen von einer Bausparkasse, zahlt zunächst nur die Zinsen zurück und parallel in einen Bausparvertrag ein. Ist dieser zuteilungsreif, wird damit das Darlehen teilweise getilgt. Die Restsumme wird danach wie ein normales Bauspardarlehen getilgt.

Bei Modell zwei nimmt man ein höheres Darlehen als benötigt auf: Wenn ich zum Beispiel 200 000 Euro brauche, leihe ich mir 300 000 Euro und zahle die übrigen 100 000 Euro in den Bausparvertrag ein, erklärt Achim Tiffe, Rechtsanwalt aus Hamburg. Auch hier müsse der Kunde zusätzlich monatlich ansparen.

Variante drei besteht aus einem Darlehen und mehreren Bausparverträgen zur Tilgung. Die Sparverträge werden alle zu Beginn abgeschlossen, aber um mehrere Jahre versetzt bespart und zuteilungsreif, erklärt Jörg Sahr von Stiftung Warentest in Berlin.

Was sind die Vorteile?

Mögliche Pluspunkte können niedrige, gleichbleibende Raten und über lange Zeit festgelegte Zinsen sein. Die oben beschriebene erste Variante zum Beispiel könne für den Verbraucher sinnvoll sein, wenn der Sparvertrag zu dem Zeitpunkt zuteilungsreif sei, an dem die Zinsbindung für das Darlehen ende, erklärt Sahr. Wenn die Konditionen für das Darlehen günstig seien, könnten sie sogar die schlechte Verzinsung für den Bausparvertrag - zurzeit maximal 0,5 Prozent - ausgleichen. Es kommt immer auf den Einzelfall an, sagt Sahr.

Und die Nachteile?

Die können vielfältig sein. Erstes Problem: Wenn der Sparvertrag zuteilungsreif ist, ist damit nicht notwendigerweise das komplette Darlehen abbezahlt, sondern nur ein kleiner Teil. Es könne also noch viele Jahre dauern, bis der Kredit vollständig abgezahlt ist, sagt Thomas Hentschel von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Das kann ein Fass ohne Boden werden.

Gravierend in den ersten Jahren der Laufzeit ist laut Hentschel, dass Sondertilgungen meist nicht möglich sind. Auch wenn jemand den Vertrag vorzeitig beenden wolle oder müsse, werde es sehr teuer. Ich zahle immer auf die maximale Schuldsumme die Vorfälligkeitsentschädigung, weil das Darlehen erst am Ende getilgt wird und nicht schon während der ersten Jahre der Laufzeit, sagt Hentschel. Auch die Zinslast werde anhand der vollen Summe berechnet.

Tiffe stimmt dem zu. Die Kunden unterschätzen die Veränderung ihrer Lebenssituation in der ersten Darlehensphase. Diese laufe im Durchschnitt zehn Jahre, und währenddessen würden sich viele Paare trennen, auch Todesfälle seien möglich. Man zahlt für einen Bausparvertrag immer ein Bearbeitungsentgeld, sagt Tiffe. Das könnten bei hohen Darlehen 2000 bis 3000 Euro sein. Diese Kosten würden vor Abschluss eines Vertrages aber meist verschleiert.

Ist also ein klassisches Annuitätendarlehen sinnvoller?

In den meisten Fällen, sagt Tiffe, sei ein traditionelles Darlehen sinnvoller, das vom ersten Tag an getilgt werde. Wenn man einen Kredit will, schließt man keinen Sparvertrag ab, gibt er zu bedenken. Sahr ist gelassener: Noch vor zehn Jahren hätte ich gesagt, Finger weg von der Bausparsofortfinanzierung. In der derzeitigen Niedrigzinsphase könnten einige Kombiprodukte der Bausparkassen aber mithalten. Es kommt auf die Konditionen an.

Infos der Verbraucherzentrale NRW