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Erbrechts-Tipp Unter Schmerzmitteln unterschriebenes Testament ist gültig

Selbst wenn ein Testament vom Verfasser unter Einfluss starker Schmerzmittel unterschrieben wurde, kann es gültig sein. Dies hat das Oberlandesgericht Koblenz entschieden. Wie lautet die Begründung?

28.08.2019, 03:34

Koblenz/Berlin (dpa/tmn) - Ein Erbvertrag, der zwei Tage vor dem Tod des Erblassers auf dem Sterbebett geschlossen wird, kann trotz erheblicher Schmerzmitteleinnahme wirksam sein. Um den Willen zum Abschluss des Vertrags auszudrücken, reicht es, wenn der Erblasser dem Notar zunickt und dann unterschreibt.

Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz entschieden hat ( Az. 1 U 1198/17). Sprechen ist nicht notwendig. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.

Im verhandelten Fall hatte ein Vater zunächst seinen Sohn als Alleinerben eingesetzt. Als er 45 Jahre später im Sterben lag, besuchte ihn seine Ehefrau mit einem Notar im Hospiz, um einen neuen Erbvertrag aufzusetzen, in dem sich die beiden Ehepartner gegenseitig zu Alleinerben einsetzten.

Beim ersten Besuch stand der Mann unter starken Schmerzmitteln und war kaum ansprechbar. Am nächsten Tag war die Dosis zwar nur leicht reduziert worden. Der Notar hielt den Mann aber für geistig hinreichend klar und las ihm den neuen Erbvertrag vor. Der Mann nickte und unterzeichnete laut Notar. Zwei Tage später verstarb er.

Der Sohn erhob daraufhin Anspruch auf den Nachlass. Der neue Erbvertrag sei unwirksam, da sein Vater nicht mehr bei Sinnen gewesen und auch die Unterschrift nicht seine sei. Als Beweis verwies er auf die Notizen der Ärzte, die den Mann mehrfach nachts als desorientiert bezeichneten, und legte eine 50 Jahre alte Unterschrift vor.

Die Richter gaben ihm nicht Recht. Die Schmerzmittel-Dosis war nicht so hoch, dass sie den Vater erheblich geistig einschränken konnte, so das OLG. Zudem sei es nicht ungewöhnlich, dass ältere, schwer kranke Patienten nachts verwirrt seien, aber tagsüber fit. Der Notar und mehrere Zeugen hatten den Mann als geistig klar beschrieben.

Dass der Vater zur Zustimmung nur nickte und nicht sprach, schadet nach Ansicht der Richter nicht. Dies reiche bei notariellen Verträgen, wenn das Dokument unterschrieben wird. Es sei auch davon auszugehen, dass der Vater den Erbvertrag selbst unterschrieben hat: Dies habe der Notar bestätigt. Eine 50 Jahre alte Unterschrift, die anders als die jüngste aussehe, sei kein Indiz für eine Fälschung. Die Frau des Verstorbenen wurde Alleinerbin.

Urteil des OLG Koblenz