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Gerichtsurteil Bewährung für Internet-Betrügerin

Eine 34-jährige Schönebeckerin bestellt Waren für 7000 Euro - und lässt eine Freundin auf der Rechnung sitzen.

Von Jan Iven 04.09.2020, 17:04

Schönebeck l Einkaufen im Internet ist praktisch. Keine lästigen Öffnungszeiten, keine lästige Parkplatzsuche. Günstiger ist das Shoppen im Netz auch immer wieder, da vor allem die großen Internet-Konzerne mit allen Steuerschlupflöchern gewaschen sind und von Tariflöhnen auch wenig halten. Wer mag da noch den lokalen Einzelhandel unterstützen? Billiger wird es nur noch, wenn man seine Rechnungen für den Einkauf im Internet einfach an, sagen wir, eine gute Freundin schickt.

Das dachte sich offenbar zumindest eine 34-jährige Schönebeckerin, die im vergangenen Jahr 39 mal Waren im Wert von 7000 Euro bei einem großen deutschen Versandhandel bestellt hatte. Und zwar auf das Kundenkonto einer Bekannten. Zu den bestellten Waren gehörte unter anderem ein Fernseher für mehr als 2000 Euro, ein Hundesofa und ein Mobiltelefon inklusive Vertrag. Wenig überraschend flog die Sache allerdings auf, als die eigentliche Inhaberin des Kundenkontos die Waren, die ihre vermeintliche Freundin bestellt hatte, nicht bezahlen wollte.

Und so fand sich die Schönebeckerin nach einem sechsmonatigen Kaufrausch jüngst vor dem Amtsgericht Schönebeck wieder, wo sie sich zu ihrer eigenen Überaschung wegen Betruges verantworten musste. Begonnen hatte die Betrugsserie mit einem Gefallen, zu dem die Angeklagte ihre Bekannte im Frühjahr vergangenen Jahres überreden konnte: Sie bat die Frau erfolgreich um ihre Passwörter und Zugangsdaten für ihr Kundenkonto für einen Online-Versandhandel. Grund: Die Spülmaschine der Angeklagten war kaputt gegangen und sie wollte sich eine neue bestellen. Da sie aber einen schlechten Schufa-Eintrag hatte, konnte sie kein eigenes Kundenkonto eröffnen. Sie war daher auf die Hilfe ihrer Bekannten zur Bestellung angewiesen. Warum die beiden Frauen die Spülmaschine nicht zusammen im Internet bestellten, wurde nicht geklärt. Offenbar konnte die Angeklagte sehr überzeugend sein.

Doch kaum hatte die Angeklagte die Zugangsdaten für das Internet-Konto, bestellte sie nicht nur wie verabredet die Spülmaschine, sondern ging noch monatelang weiter auf Shopping-Tour. Außerdem veränderte sie auch noch die Passwörter, so dass die eigentliche Inhaberin nicht mehr auf ihr Kundenkonto zugreifen konnte und von all dem erst später etwas mitbekam, als ihr nach einem halben Jahr die Rechnungen ins Haus flatterten. Denn die Angeklagte hatte für den Ratenkauf aufgrund der guten Bewertung ihrer Bekannten auch noch einen Zahlungsaufschub mit dem Versandhandel erwirken können.

Die Angeklagte versicherte hingegen vor Gericht, dass all diese Käufe mit ihrer Bekannten abgesprochen waren. Dem widersprach allerdings, dass sie gegenüber dem Versandhandel ein Schuldeingeständnis unterschrieben hatte. Der Staatsanwalt ging sogar davon aus, dass sich die Angeklagte nur mit der Frau angefreundet hatte, um Zugang zu ihrem Kundenkonto zu bekommen.

Der Richter am Amtsgericht Schönebeck mochte der Angekalgte insgesamt nicht glauben und verurteilte sie zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monate, die noch zur Bewährung ausgesetzt wurden. Für die Angeklagte sprach dabei, dass sie bisher noch nicht vorbestraft war und aus Sicht des Richters zumindest ein Teilgeständnis abgelegt hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung gefordert. Zudem muss die Angeklagte 2400 Euro in Raten an das Kinderhospiz in Magdeburg zahlen.

Der Verteidiger wollte hingegen einen Freispruch für seine Mandantin. Begründung: Alle Käufe seien mit der Bekannten abgesprochen gewesen. Doch selbst wenn der Richter das nicht glauben mochte, sei darin ein Missveständnis des Verteidigers deutlich geworden. Denn nicht die Bekannte sei nach Angaben des Richters die eigentliche Geschädigte des Betruges gewesen, sondern der Versandhandel. Denn die Angeklagte habe sich für ihre Bekannte ausgegeben und damit zahlreiche Bestellungen aufgeben können. Unter eigenem Namen hätte die Angeklagte das bei ihren schlechten Schufa-Einträgen nicht machen können.

Was den Richter am Amtsgericht freute: Nachdem er den Vorstandsvorsitzenden einer Düsseldorfer Bank persönlich als Zeuge geladen hatte, schickte das Geldinstitut die geforderten Kontoinformationen der Angeklagten innhalb weniger Stunden an das Gericht. Zuvor hatte die Bank wochenlang nicht auf die Anfrage des Gerichtes reagiert.