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Gesundheit Antriebslos, schnell erschöpft, müde

Der 12. Mai ist der Welttag des chronischen Erschöpfungssyndroms / Alarmzeichen oft unterschätzt

Von Uwe Seidenfaden 11.05.2020, 01:01

Magdeburg l Nicht jeder Mensch findet im Schlaf ausreichend Erholung. Einige fühlen sich auch tagsüber schnell erschöpft und antriebslos. Halten die sogenannten Fatigue-Beschwerden länger an, sollten mögliche Ursachen diagnostisch geklärt werden. Das raten Ärzte anlässlich des weltweiten Tages des chronischen Erschöpfungssyndroms am 12. Mai.

In so mancher Medikamenten-Werbung klingt alles ganz einfach: Eine kleine Dosis Vitamin-Tabletten und prompt kehrt die geistige und körperliche Vitalität zurück. Im wahren Leben ist es leider selten so einfach. Wer sich wochenlang häufig abgeschlagen und antriebslos oder unter leichter Belastung schlapp, erschöpft, müde bzw. „ausgebrannt“ fühlt, sollte darüber mit dem Hausarzt sprechen, raten Mediziner und Psychiater.

Zunächst gilt es, mögliche organische Ursachen für die nachlassende Leistungsfähigkeit zu finden. Deshalb fragen Ärzte die Patienten nach verschiedenen Begleitsymptomen und führen u. a. Blut- und Harnuntersuchungen durch.

Was auf den ersten Blick wie eine länger andauernde Frühjahrsmüdigkeit erscheint, kann Hinweis auf ganz verschiedene organische Erkrankungen sein, zum Beispiel: auf eine Schilddrüsenunterfunktion, eine Veränderung des Blutbildes (z. B. Eisenmangel), auf eine Begleiterscheinung neurologischer Störungen, auf Diabetes mellitus (insb. Unterzuckerungen) oder auf eine Herzschwäche.

„Wichtig ist es auch, bösartige Blutbildungsstörungen als mögliche Auslöser der Fatigue-Symptome frühzeitig zu erkennen“, so Prof. Christoph Kahl, Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin des Klinikums Magdeburg. Schnelle Erschöpfung kann ebenso als Nebenwirkung einer Krebsbehandlung auftreten. Um dem vorzubeugen, ist es in jedem Falle ratsam, während der Tumortherapie eine milde körperliche Aktivität beizubehalten.

Mitunter muss eine Chemotherapie auch wegen der Nebenwirkungen aufgeschoben oder abgebrochen werden. „In diesem Fall müssen das Therapieziel der Grunderkrankung und die Einschränkung der Lebensqualität durch die Therapienebenwirkungen sorgfältig miteinander abgewogen werden“, so Prof. Kahl.

Wichtig ist außerdem, auf Fatigue-Symptome auch in der Tumornachsorge zu achten, denn sie können zu erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität und der Berufsfähigkeit nach einer überstandenen Krebserkrankung führen.

Nicht immer können Ärzte für Symptome wie Erschöpfung und Tagesmüdigkeit eindeutige organische Ursachen finden. Auch Überlastungen in der Familie und im Beruf, Mobbing und eine empfundene Handlungsohnmacht gegenüber äußeren Zwängen (z. B. durch plötzliche Arbeitslosigkeit oder als Folge von Maßnahmen gegen die Virus-Pandemie) können Erschöpfungszustände, depressive Stimmungen und andere psychische Beschwerden fördern, ergänzt Prof. Hans-Henning Flechtner, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Klinikums Magdeburg.

Auch wenn keine organischen Gründe für Fatigue-Beschwerden gefunden werden können, gehören die betroffenen Menschen nicht zu den „eingebildeten Kranken“. Die Diagnose lautet dann Chronisches Fatigue Syndrome (CFS) „CFS ist kein eigenständiges Krankheitsbild im engeren Sinne“, sagt Prof. Wolfgang Jordan, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums Magdeburg. „Ursprünglich wurde es als reines Forschungskonstrukt eingeführt und dem Neurastheniekonzept gegenübergestellt. Mittlerweile bestehen symptomatologisch breite Überschneidungen. Die Übergänge zu somatoformen, affektiven, Angst- und Persönlichkeitsstörungen müssen berücksichtigt werden“, so der Psychiater.

Mit leichtfertig erteilten Laien-Ratschlägen von der Art, „Nun trink doch erst einmal eine starke Tasse Kaffee, schlaf dich richtig aus oder Milch macht müde Männer munter“ ist diesen Patienten nicht geholfen. Und statt sich als Freund oder Angehöriger abzuwenden mit den Worten „Der war doch eigentlich schon immer so“, ist es angebrachter, niederschwellige Hilfsangebote zu machen. Man kann beispielweise Folgendes äußern: „Ich habe den Eindruck, dass es dir derzeit nicht gut geht. Ich mache mir Sorgen und möchte dir helfen …“. Ziel sollte es sein, Vertrauen zu schaffen und nach individuell hilfreichen Therapien zu suchen, raten die Ärzte und Psychotherapeuten.