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Reizdarmsyndrom erfordert Geduld

Ein paar Pillen oder Spritzen - und weg sind die Beschwerden: Dieses Prinzip funktioniert nicht bei der Therapie eines Reizdarmsyndroms. Gefragt sind Zeit, Geduld und eine Änderung der Lebensgewohnheiten.

Von Sabine Meuter, dpa 23.12.2015, 04:00
Von jetzt auf gleich auf Toilette müssen - für Menschen mit einem Reizdarmsyndrom keine Seltenheit. Foto: Franziska Gabbert
Von jetzt auf gleich auf Toilette müssen - für Menschen mit einem Reizdarmsyndrom keine Seltenheit. Foto: Franziska Gabbert dpa-tmn

Wiesbaden (dpa/tmn) - Diese ständigen Bauchschmerzen, die sich Betroffene nicht erklären können. Die anhaltenden Blähungen - einfach unangenehm. Und der Drang, von jetzt auf gleich die Toilette aufsuchen zu müssen. Wer unter solchen Beschwerden leidet, sollte nicht auf Selbsttherapie setzen.

Nötig ist eine gründliche Untersuchung des Patienten, um ernsthafte Erkrankungen wie etwa Infektionen oder Darmkrebs auszuschließen, sagt Prof. Richard Raedsch, Chefarzt der Abteilung für Gastroenterologie am St. Josefs-Hospital in Wiesbaden.

Mitunter stoßen Mediziner bei Laboruntersuchungen, Ultraschall oder Darmspiegelungen auf keinen organischen Befund für die Magen-Darm-Beschwerden eines Patienten. Reizdarmsyndrom, heißt dann in solchen Fällen häufig die Diagnose. Wirklich gefährlich im Sinne von lebensbedrohlich oder ansteckend ist ein Reizdarmsyndrom nicht, beruhigt der Kölner Apotheker Thomas Preis. Aber die Erkrankung verläuft in aller Regel chronisch.

Nach Angaben von Raedsch leiden 25 bis 30 Prozent der Deutschen an einem Reizdarmsyndrom. Was genau die Ursache dafür ist, ist unklar. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass die Psyche eine Rolle spielen könnte, betont Mediziner und Heilpraktiker Thomas Sokollik aus Kreuztal (NRW). Stress, Ärger oder Trauer können sich bis in den Magen-Darm-Trakt bemerkbar machen.

Auch bestimmte Ernährungsgewohnheiten können bei einem empfindlichen Magen Probleme bereiten, sagt Raedsch. Zumindest zeitweise ein Tagebuch zu führen, kann helfen herauszufinden, ob die Beschwerden auf bestimmte Nahrungsmittel zurückzuführen sind oder nicht.

In einigen Fällen wird Betroffenen auch eine strikte Diät auferlegt: Sie lautet Verzicht auf FODMAP. Das Kürzel steht für Fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole (Zuckeralkohole). Wissenschaftler haben entdeckt, dass FODMAP im Verdauungstrakt Probleme machen können. Bei dieser Diät lässt man für vier bis acht Wochen alle Nahrungsmittel weg, die Fructose, Milchzucker oder Sorbit enthalten. Steinobst, Kohl und Hülsenfrüchte, aber auch Milchprodukte und Süßigkeiten werden also erst einmal vom Speiseplan verbannt.

Nach diesem radikalen Verzicht beginnt eine Art Versuchsphase: Der Patient lotet aus, welche der ausgelassenen Nahrungsmittel in welchen Mengen er doch verträgt. In einem dritten Schritt wird ein individueller Ernährungsplan ermittelt. Diese Diät sollte aber nur unter ärztlicher Anleitung durchgeführt werden, betont Raedsch.

Ein Reizdarmsyndrom wird man in aller Regel nicht schnell wieder los. Gegen akute Symptome wie Bauchkrämpfe oder Blähungen helfen Schmerzmittel oder krampflösende Arzneien. In Apotheken sind auch eine Reihe von pflanzlichen Mitteln wie etwa Kümmel, Fenchel oder Anis in Form von Tee erhältlich, erklärt Preis.

Eine Wärmflasche auf dem Bauch kann im Einzelfall ebenfalls helfen, Schmerzen oder Krämpfe zu lindern. Hinzukommen muss oft eine dauerhafte Änderung der Lebensweise. Das erfordert Zeit und Geduld, betont Sokollik. Entspannungstechniken wie Yoga, Tai Chi oder eine Atemtherapie können dazu beitragen, das aus dem Takt geratene Nervensystem im Verdauungstrakt wieder auszubalancieren. Wichtig ist, Stress abzubauen und zur Ruhe zu kommen, erklärt Raedsch. Ein Weg kann dorthin kann eventuell eine Psycho- oder Verhaltenstherapie sein: Welche Therapie die richtige ist, hängt vom Einzelfall ab.

Thomas Preis ist Apotheker in Köln und Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein. Foto: ABDA/Peter van Heesen
Thomas Preis ist Apotheker in Köln und Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein. Foto: ABDA/Peter van Heesen
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